Blogbeitrag

Wie sollen wir mit Kindern über den Krieg sprechen?

In der Ukraine herrscht Krieg mit dem Nachbarland Russland. Ein Thema, das alle Medien beherrscht. Viele Kita-Kinder bekommen sorgenvolle Dialoge unter Erwachsenen mit. Sie hören im Radio Schreckensnachrichten über Angriffe und tote Menschen. Sie sehen grausame Bilder von Explosionen. Sie erleben, wie Freunde oder ältere Geschwister davon berichten oder ihre Medienerlebnisse nachspielen.

Viele Fachkräfte sind unsicher: Wie gehen wir mit dem schrecklichen Thema „Krieg“ um, ohne die Kinder zu belasten. Wie sprechen wir mit den Kindern über den Krieg in der Ukraine? Sollen wir das Thema lieber von den Kindern fernhalten? All diese Fragen greifen wir in diesem Blogartikel auf und beantworten sie dir.

1. Mache dein Thema nicht zum Thema der Kinder

Wenn in deiner Kita-Gruppe oder bei einzelnen Kindern das Thema nicht aufkommt, würde ich es auch nicht ansprechen. Ich würde auch keine Friedenstauben, Ukraine Fahnen o.ä. mit den Kindern basteln. Denn damit machst du dein Thema und deinen Wunsch zum Thema der Kinder, obwohl es vorher gar nicht Thema war.

Dies bedeutet aber nicht, dass du erst reagieren solltest, wenn Kinder mit direkten Fragen auf dich zu kommen. Kinder haben entsprechend der Reggio-Pädagogik 100 Sprachen, mit denen sie sich ausdrücken:

  • Sie spielen Medienerlebnisse nach.
  • Kinder drücken durch Bilder aus, was sie bewegt.
  • Mache Kinder ziehen sich zurück oder sind besonders angepasst.
  • Andere zeigen ihre Sorgen durch Trennungs- oder Verlustängste.

Es liegt in unserer Verantwortung als Fachkraft, diese Signale wahrzunehmen und den Kindern einen Raum für einen Dialog zu schaffen. Das ist aber nur möglich, wenn du diese Sprachen auch bei den Kindern wahrnimmst.

2. So sprichst du mit den Kindern über den Krieg

Kinder haben häufig viele Fragen und Sorgen, die einen Raum brauchen. Es geht nicht vorrangig darum, den Kindern alle Fragen zu beantworten, sondern eine Möglichkeit zu schaffen, um über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen.

Dazu ist es zunächst wichtig, dass du dir Zeit für ein oder mehrere Gespräche nimmst. Es geht nicht darum, die Kinder mit einer schnellen Erklärung zu beruhigen. Sicherlich bist auch du kein Verteidigungsexperte und die Zusammenhänge zwischen EU, NATO, Ukraine und Russland, sowie die Vergangenheit derer sind auch für viele Erwachsene sehr komplex. Ich selbst habe auch versucht, mich in dieses komplexe Thema einzufinden und habe das Gefühl, nur ein kleinen Bruchteil verstanden zu haben.

Auch wenn du nicht alles weißt, du kannst und solltest das offen zugeben. Was du aber nicht machen solltest: Die Kinder mit oberflächlichen Antworten abspeisen oder um das eigentliche Thema herumdrucksen, beispielsweise weil du Angst hast, die Kinder zu überfordern. Denn dadurch verstärkst du ihre Sorge nur noch, die Kinder spüren deine Unsicherheit oder Sprachlosigkeit.

Brich die Lage auf die Kinderwelt runter, indem du beispielsweise sagst: „Da streiten sich Menschen. Die Menschen sind so sauer und wütend, dass sie nicht mehr vernünftig miteinander sprechen können. Sie sind so richtig sauer aufeinander, dass sie sich am liebsten gegenseitig wehtun. Warst du auch schon mal auf ein anderes Kind sehr sauer, dass du es gehauen hast?“

Dann wartest du die Reaktion des Kinds ab. Vielleicht ist das Kind danach schon gesättigt. Vielleicht sucht es noch mehr Antworten.

Du kannst noch erklären: „So geht es den Menschen auch gerade.“ Dann fragst du: „Was hat dir damals geholfen, den Streit zu beenden?“ Höre hier wieder den Antworten der Kinder zu. Sicherlich hat das Kind viele Ideen, wie man einen Streit beenden kann. Auch wenn du weißt, dass das in der Kriegssituation nicht anwendbar ist. Darum geht es auch nicht, sondern einfach nur darum, dass du mit dem Kind darüber in einen Dialog gehst.

Dann erklärst du weiter: „Das ist auch das Ziel in der Ukraine. Weil die Ukraine und auch Russland Länder mit vielen, vielen Menschen sind, kann das etwas dauern. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass die Menschen das schaffen werden“.

3. Stelle dem Kind viele Fragen

In meiner systemischen Weiterbildung habe ich gelernt, dass es extrem wichtig ist, viele Fragen zu stellen. Denn belastende Themen brauchen einen Rahmen, um darüber zu sprechen. So ist es auch bei den Kindern.

Es geht Kindern nicht immer um die richtigen Antworten, sondern auch darum, sich einfach mitzuteilen. Für Kinder ist es wichtig, über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen, d.h. das Thema „Krieg“ und die Medienerlebnisse der Kinder „besprechbar“ zu machen.

Wenn du mit Fragen anstatt Antworten arbeitest, dann hat das folgende Vorteile:

  • Durch deine Rückfragen geben sich Kinder ihre „verkraftbare“ Antworten selbst.
  • Du schaffst durch Fragen einen Rahmen, um mit den Kindern in einen Dialog zu gehen, ohne dass du Kinder mit Fakten überforderst.
  • Kinder können nur Antworten über Sachverhalte geben, die sie sich selbst vorstellen können.
  • Grausamkeiten, Gewalttaten und Auswirkungen, die die Kinder sich nicht vorstellen können, bleiben dadurch automatisch außen vor.

Komme dir dabei auch nicht komisch vor, wenn du auf eine Frage mit einer Gegenfrage antwortest. Das ist eine wirkungsvolle Methode. In unserem 0€ Webinar erkläre ich dir genau, welche Fragen du nutzen solltest. Du bekommst konkrete Beispielfragen, mit denen du Kindern hilfst, die Sorgen und Ängste zu verarbeiten. Ebenso lernst du weitere Methoden kennen, mit denen du das Thema mit den Kindern kindgerecht aufgreifst. Zum 0€ Webinar kannst du dich hier anmelden.

4. Nimm die Sorgen der Kinder ernst

Es geht auch nicht darum, den Kindern zu sagen: „Du musst dir keine Sorgen machen. Alles wird wieder gut“. Die Kinder machen sich Sorgen, für sie ist nicht „alles gut“. Nimm die Sorgen der Kinder ernst, indem du beispielswiese sagst: „Ich kann verstehen, dass du Angst hast / dir Sorgen machst.“ oder „Magst du mir erzählen, wovor du am meisten Angst hast?“

Du darfst auch gerne deine Gefühle und Ängste erklären, die Kinder spüren sie sowieso. Sage beispielswiese: „Ich kann dich verstehen. Auch ich mache mir Sorgen, dass…“. So bist du authentisch. Du solltest an der Stelle aber keinen neuen Sorgenpunkt einbringen, sondern mit deinen eigenen Worten den Sorgenpunkt der Kinder wiedergeben. Ansonsten bringst du ein neues Thema ein, dass noch nicht das Thema der Kinder war.

WICHTIG


Fragen sind ein wichtiger Teil, um die Erfahrungen und Sorgen der Kinder aufzugreifen. Manchmal fehlen Kindern jedoch die passenden Worte. Ganz besonders, wenn es um Bilder, Nachrichten usw. geht, die sehr herausfordernd auf sie wirken. Du erkennst es daran, dass die Kinder aufgrund ihrer noch oder in den Moment eingeschränkten sprachlichen Möglichkeiten, zu kurzen und unpräzisen Antworten greifen.

Beispielseise sagt ein Kind: „Weiß nicht“. Daher solltest du bei Kindern, die generell oder in dem Moment nur geringe sprachliche Ausdrucksfähigkeiten zeigen, mit praktischen Aktivitäten in den Dialog gehen. Beispielsweise, indem ihr gemeinsam ein Bild malt, mit Legofiguren Medienerlebnisse nachspielt etc. Darin baust du deine Fragen ein, und schenkst den Kindern so die Möglichkeit, kreativ oder spielerisch ihre Antworten und Sorgen auszudrücken.

5. Zeige dich immer zuversichtlich

Für Kinder ist es extrem wichtig, dass die Bezugspersonen zuversichtlich sind. Du musst nicht für jede Frage eine Lösung haben. Viel wichtiger ist es, dass du ausdrückst, dass es immer eine gute Lösung geben wird. Sage dem Kind: „Ich bin sicher, das alles wieder gut wird. Das kann aber noch etwas dauern.“

Kinder brauchen das Gefühl, dass du Ideen hast, wie ihr auf die Situation reagiert. Kinder möchten einen Ausweg sehen. Beispielsweise auf die Frage: „Reicht unser Essen noch aus, wenn in der Ukraine Krieg ist?“, kann deine Antwort lauten: „ Ja, wir werden auch aus anderen Ländern beliefert. Deutschland baut auch Weizen an. Wir haben auch viele Bauernhöfe. Kennst du einen?“

Wenn du nach deiner Antwort dem Kind eine Frage stellst, dann wird das Kind auch Lösungsideen entwickeln. Kinder erfahren so, dass sie der Situation nicht ohnmächtig ausgeliefert sind. Zudem lieben Kinder es Ideen und Lösungen zu entwickeln.

Viele Erwachsene haben auch Angst vor der Fragen, ob es in Deutschland auch Krieg gibt. Erklären beispielsweise: „Deutschland gehört zur NATO. Die Nato ist eine Vereinigung von vielen Staaten. So wie du auch viele Freunde hast, ist die NATO auch eine Gruppe von Freunden. Die NATO-Staaten beschützen sich gegenseitig. So wie du auch immer deine Freunde beschützt und deine Freunde dich beschützen. Gemeinsam sind die NATO-Staaten stark. Sie werden Deutschland beschützen“. Dann stellst du wieder eine Frage: „Wie würdest du deine Freunde beschützen, wenn ein anderes Kind sie ärgert?“

Entscheidend ist nicht, dass du einen wirksamen Plan für alle Eventualitäten hast. Sondern, dass du den Kindern immer das Gefühl vermittelst: Was immer passiert, es gibt Lösungen, uns fällt schon was ein. Wir sind unserem Schicksal nicht hilflos ausgeliefert, sondern wir haben die Möglichkeit, die Situation zum Besseren zu wenden. Auch wenn sie gerade sehr schwierige erscheint. Dies ist eine grundlegende Fähigkeit der Resilienz. Und genau diese solltest du in der Situation und als Vorbild auch zeigen.

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