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Adultismus in der Kita: Die unsichtbare Barriere für eine gute kindliche Entwicklung

Als pädagogische Fachkraft wird es deine Herzensangelegenheit sein, in der Kita die bestmögliche Umgebung für die Entwicklung der Kinder zu schaffen. Doch oft bleibt ein entscheidender Aspekt unbeachtet: Adultismus. Dieser Begriff beschreibt die systematische Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen aufgrund ihres Alters

Erfahren in diesem Blogbeitrag, was Adultismus ist, welche Formen es gibt und wie du gegen die Diskriminierung vorgehen kannst. 

Das ist Adultismus

Kinder werden oft als die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft betrachtet. Doch gleichzeitig sind sie auch diejenigen, die von der ersten Diskriminierungserfahrung betroffen sind – Adultismus.

Adult (englisch) = erwachsen, Erwachsene. Ismus = bezeichnet ein Glaubenssystem, eine Lehre und/oder Ideologie hier:  Hinweis auf eine gesellschaftliche Machtstruktur - Adultismus beschreibt das Machtungleichgewicht, das zwischen Kindern und Jugendlichen einerseits und Erwachsenen andererseits besteht. Damit ist nicht gemeint, dass Kinder alles dürfen, sondern dass Kinder aufgrund ihrer geringeren Fähigkeiten diskriminiert oder ausgegrenzt werden. 

Adultismus verweist auf die Einstellung und das Verhalten Erwachsener, die aufgrund einer tradierten „Rangordnung“ davon ausgehen, dass sie allein aufgrund des Alters intelligenter, kompetenter, schlicht besser seien als Kinder & Jugendliche und sich daher über deren Meinung und Ansichten hinwegsetzen bzw. diese gar nicht erst erfragen und/oder ernstnehmen. Adultismus ist eine Diskriminierungsform, die durch Traditionen, Gesetze & Institutionen festgeschrieben & untermauert wird.

Adultismus zeigt sich, wenn wir Erwachsene automatisch davon ausgehen, dass Kinder weniger wissen, weniger verstehen und weniger Rechte haben. Dabei sind die Kinderrechte gesetzlich verankert. Zudem wird bei den Menschenrechten auch nicht nach Alter unterschieden.  Dies kann sich in paternalistischem Verhalten, fehlendem Respekt oder der Unterdrückung kindlicher Meinungen äußern. Die Auswirkungen dieser ersten Diskriminierung können tiefgreifend sein und die Identitätsentwicklung der Kinder nachhaltig beeinflussen.

Diese drei Formen von Adultismus gibt es in der Kita 

Im Kontext der Kita lassen sich drei Formen des Adultismus identifizieren: 

  1. Individueller Adultismus
  2. Struktureller Adultismus
  3. Kultureller Adultismus

Ich stelle dir die drei Formen gleich ausführlicher vor. 

1. Individueller Adultismus

Individueller Adultismus entwickelt sich durch den persönlichen Einstellungen und Verhaltensweisen von Erwachsenen gegenüber Kindern. Dies kann sich beispielsweise in mangelndem Respekt in Form von Grenzüberschreitungen oder Gewalt, durch negative sprachliche Äußerungen oder fehlender Einbeziehung der Kinder in Entscheidungsprozesse äußern. Entscheidungen werden für die Kinder getroffen und nicht mit den Kinder z. B. die Fachkraft entscheidet, was und ob das Kind probieren muss oder wie viel getrunken wird. 

Er zeigt sich auch oftmals sprachlich durch Aussagen, wie z. B.: „Leg die Hände auf den Tisch!“ oder „Zapple nicht so!

Kennzeichen der Erwachsenensätze sind: 

  • Sie vermitteln eine normative Botschaft. 
  • Sie deuten auf unangebrachte oder nicht angemessene Verhaltensweisen oder Eigenschaften hin.
  • Sie wollen ein vermeintlich adäquates Benehmen vermitteln bzw. erreichen, ohne eine genau positive Verhaltenserwartung zu formulieren, was das Kind genau machen soll. 
  • Sie sind defizitorientiert.
  • Sie stellen eine Hierarchie her, zeigen eine Dominanzposition des Erwachsenen. 
  • Sie sind meist im Imperativ formuliert.
  • Sie beinhalten bestimmte Bewertungen. 
  • Sie beinhalten oft disqualifizierende Adjektive
  • Viele Erwachsene haben diese Sätze oft als Kinder gehört und geben sie unreflektiert weiter. 
  • Sie werden zur Erziehung der Kinder benutzt

In folgender Übersicht findest du Beispiele für solche Erwachsenensätze und Formulierungsvorschläge für eine stärkende und positive Formulierung:  

Negative Formulierung 

Stärkende und positive Formulierung 

  • Leg die Hände auf den Tisch
  • Schau mal, wenn du die Hände auf den Tisch legst, dann sitzt du ruhiger.
  • Wenn du die Hände auf den Tisch legst, kannst du besser essen. 
  • Das verstehst du nicht.
  • Oh, das ist schwierig. Ich versuche es dir mal zu erklären. 
  • Zapple nicht so!
  • Schaffst du es noch, zwei Minuten still zu sitzen. Wir sind gleich fertig. 
  • Ich sehe, dass du unruhig bist. Fällt es dir schwer, still zu sitzen? Was könnte dir dabei helfen?
  • Das tut man nicht.
  • Schau mal, ich mache es immer so. 
  • Konkret beschreiben, was das Kind machen soll.
  • Du hast überhaupt keinen Grund solch ein Theater zu machen. 
  • Du bist wütend? Was macht dich so wütend?
  • Du bist traurig? Komm ich tröste dich.
  • Siehst du, das hast du jetzt davon!
  • Den Satz kannst du dir vollkommen sparen. Das Kind erlebt seine Konsequenz direkt.
  • Du isst wie ein Schwein. 
  • Schau mal, wenn du den Löffel grade hältst, dann fällt es dir leichter. Probiere es mal aus.  

Einige solcher Sätze kann man auch oftmals komplett aus seinen Wortschatz streichen. Denn das Kind leidet meistens sowieso unter der Konsequenz die es erlebt. Wäre es nicht viel mehr unsere Aufgabe, dem Kind Mut zuzusprechen, es zu trösten oder Schutz zu bieten?

Erinnere dich an dieser Stelle einmal an deine eigene Kindheit. Wie fühlen sich Kinder, die solche Sätze hören? Die meisten Fachkräfte sagen: „Klein, wertlos, schutzlos, nicht verstanden“. Und genau diese Emotionen hinterlassen tiefe Wunden in den zarten Kinderseelen.

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Es ist wichtig, dass du dich immer wieder reflektierst und dir deine eigenen Interaktionen bewusst machst.

Dazu laden wir dich im Rahmen der Fortbildung: “Die Macht der Sprache und Strukturen: Adultismus in der Kita auf der Spur“ ein! 


Wichtig:


Sprache ist nie neutral. Sie drückt immer unsere Werte, unser Bild vom Kind, unsere Haltung, unsere Bedürfnisse und noch viel mehr aus.

Sprache spiegelt auch immer den Wandel der Gesellschaft wider. Und in solch einem Wandel befinden wir uns gerade. Was früher noch angemessen war, durchaus üblich war oder zum normalen Alltagston dazu gehörte, muss heute nicht mehr richtig sein. So verhält es sich nicht nur mit der Sprache, sondern auch mit dem Adultismus. 

Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder reflektieren und unser (Sprach)Verhalten und die Strukturen den aktuellen Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen anpassen.

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2. Struktureller Adultismus

Struktureller Adultismus bezieht sich auf die institutionellen Barrieren, die Kinder daran hindern, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

In Kitas könnte dies die fehlende Einbindung von Kindern in Entscheidungsprozesse oder die Vernachlässigung ihrer Bedürfnisse bei der Gestaltung der Räumlichkeiten sein. Vielleicht stehen Spiele in einem Regal, so dass die Kinder diese nicht ohne Hilfe der Erwachsenen erreichen können. Vielleicht bestimmen die Fachkräfte immer den Ablauf des Morgenkreises. Oder hängen bei euch die Bilder auf Erwachsenenhöhe, so dass die Kinder diese nur schwer sehen können. Vielleicht legen die Gruppenregeln bei euch in der Kita fest, das Probiert werden muss. All diese Strukturen zeigen, dass der Erwachsene die Macht hat und die Kinder nicht oder nur eingeschränkt partizipieren können. 

Um dem strukturellen Adultismus auf der Spur zu kommen, ist es wichtig die Gruppenregeln, die Gestaltung der Alltagssituationen (Rituale, Schlüsselsituationen etc.) und die Ausstattung kritisch zu reflektieren. In der LIVE Fortbildung “Die Macht der Sprache und Strukturen: Adultismus in der Kita auf der Spur“, werden wir dieses gemeinsam machen. 

Nur wenn du die Strukturen in ihrer Einrichtung kritisch hinterfragst, kannst du aktiv Maßnahmen ergreifen, um den Kita-Alltag partizipativer und inklusiver zu gestalten.

3. Kultureller Adultismus

Kultureller Adultismus bezieht sich auf gesellschaftliche Normen und Werte, die die Machtverhältnisse zwischen Erwachsenen und Kindern festigen.

Dies kann sich in der Art und Weise äußern, wie Kinder in den Medien dargestellt werden oder wie ihre Meinungen und Bedürfnisse in der Gesellschaft wahrgenommen werden. Auch das Bild vom Kind, das in der Kita oder in einer Gesellschaft gelebt wird, spiegelt einen kulturellen Adultismus wieder, wenn die Kinder als Wesen betrachtet werden, die erzogen werden müssen. Oder die Kinder als kleine hilflose Wesen darstellen.

Das Gegenteil wäre der Fall, wenn wir Kinder als kompetente Menschen betrachten, die ihre eigene Entwicklung machen. Als Menschen, die über vielfältige Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen und partizipieren und Wertschätzung erfahren.

Ich frage dich: Erfährt ein Kind Wertschätzung, dass die zuvor genannten Erwachsenensätze hört? Kann ein Kind im Morgenkreis partizipieren, wenn der Erwachsene den Ablauf festlegt? Kann ein Kind selbst entscheiden, was es mag und ob es satt ist, wenn Gruppenregeln dieses vorgeben? All diese Handlungen zeugen davon, dass ein Bild vom Kind vorherrscht, das noch erzogen werden muss.  

Es ist schwierig, kulturelle Muster zu erkennen. Daher ist es so extrem wichtig, sich immer wieder zu sensibilisieren. Du als pädagogische Fachkraft kannst durch Sensibilisierung und Aufklärung diese kulturellen Muster verändern. 

Darum solltest du dich unbedingt mit dem Adultismus in der Kita beschäftigen

Adultismus in der Kita kann erhebliche Auswirkungen auf die Kinder haben. Sie könnten sich unverstanden fühlen, ein geringes Selbstwertgefühl entwickeln oder Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Bedürfnisse und Meinungen auszudrücken oder Grenzen zu setzen. 

Adultismus wirkt sich negativ auf die Identitätsentwicklung von Kindern aus. Er prägt Kinder in einem Umfeld, in dem ihre Meinungen und Bedürfnisse oft übersehen, übergangen oder herabgesetzt werden. 

Kinder entwickeln ihr Selbstwertgefühl und ihre Identität durch Erfahrungen, Interaktionen und die Wertschätzung ihrer Persönlichkeit. Wenn sie jedoch von Erwachsenen als weniger kompetent oder weniger wichtig betrachtet werden, kann dies zu einem geringen Selbstwertgefühl, Unsicherheiten und einem Mangel an Selbstvertrauen führen.

Darüber hinaus kann die kontinuierliche Erfahrung von Adultismus dazu führen, dass Kinder ihre eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen unterschätzen. Die Unterrepräsentation in Entscheidungsprozessen kann dazu führen, dass Kinder Schwierigkeiten haben, ihre Stimmen zu erheben und für ihre Rechte einzustehen.

Um eine gesunde Identitätsentwicklung anzuregen, ist es daher von entscheidender Bedeutung, Adultismus in der Kita aufzudecken und neue Sprachmuster, Regeln und Formen der Beteiligung zu schaffen. Diese helfen dabei, die Kinder als individuelle Persönlichkeiten anzuerkennen. 

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Denn durch eine respektvolle und gleichberechtigte Haltung kannst du als pädagogische Fachkraft einen Beitrag dazu leisten, dass Kinder Selbstvertrauen aufbauen und sich zu selbstbewussten, eigenständigen Individuen entwickeln können.

Fazit

Adultismus in der Kita ist ein ernstzunehmendes Problem, das die Entwicklung der Kinder negativ beeinträchtigen kann. Du als pädagogische Fachkraft spielst eine entscheidende Rolle dabei, diese Form der Diskriminierung zu erkennen und aktiv entgegenzuwirken.

Durch die Auseinandersetzung mit individuellem, strukturellem und kulturellem Adultismus können Kitas zu inklusiven und unterstützenden Umgebungen für die Kinder werden, in denen ihre Rechte und Bedürfnisse respektiert werden.

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