Blogbeitrag

Vorurteilsbewusste Kita-Führung: Wichtige Schritte für mehr Inklusion und Diversity in der Kita

Als Kita-Leitung bist du eine zentrale Schlüsselperson, wenn es um die vorurteilsbewusste Haltung und eine gelebte Vielfalt (Diversity) in der Kita geht. Doch wie kannst du inklusive Werte vermitteln und eine Kultur der Inklusion und Vielfalt (Diversity) in der Kita etablieren? Erfahre in diesem Blogartikel, wie wir oft ganz unbewusst Kinder und ihre Familien ausgrenzen und wie du mit einem neuen Blickwinkel für mehr Inklusion und Vielfalt (Diversity) sorgen kannst

Was ist überhaupt Inklusion?

Inklusion ist das Gegenteil von Ausgrenzung. Inklusion betrifft nicht nur eine Gruppe von Menschen, z.B. Menschen mit Behinderung, mit Migrationshintergrund o.ä., sondern uns alle. Denn alle Menschen möchten Teil einer Gemeinschaft sein. Es geht darum, ein Kita-Umfeld zu schaffen, in dem sich alle Mitarbeitenden, die Kinder und ihre Familien zugehörig fühlen. Ein Umfeld, in dem Barrieren abgebaut werden. Dabei sind die größten Barrieren oftmals in unseren Köpfen verankert. Hierzu ist eine stete Wachsamkeit wichtig, um ausgrenzenden Kräften zu widerstehen. Sicherlich ist das ein hoher Anspruch, der nicht sofort erfüllt werden kann. Hierzu ist immer wieder eine Selbstreflexion notwendig. 

Betrachte Inklusion nicht als Zusatzaufgabe, sondern als Grundlage

Inklusion ist die Grundlage, um allen Kindern die gleichen Bildungs- und Entwicklungschancen zu ermöglichen. Sie ist die Grundlage dafür, um in der Kita Vielfalt zu leben. Denn die Menschen sind vielfältig. Jeder Mensch hat das Recht auf Teilhabe, Bildung und Nichtdiskriminierung. Das wurde bereits in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 niedergeschrieben. In der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 wurde nochmals explizit formuliert, dass alle Kinder das Recht auf Bildung, Beteiligung und Schutz vor Diskriminierungen haben. 

Diese rechtlichen Vorgaben sind deine Arbeitsgrundlage. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass (unbewusst) Ausgrenzung, Stigmatisierung und Benachteiligung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, Alter, sozio-ökonomischem Status, Familienkonstellationen, Behinderung, Aufenthaltsstatus, Flucht- oder Migrationsgeschichte, Sprachen oder Religionen stattfinden. Bereits jüngere Kinder erleben dies. 

Falls du jetzt denkst, dass es das bei euch in der Kita nicht gibt, habe ich dir ein paar Fallbeispiele mitgebracht. Vielleicht entdeckst du Parallelen zu eurem Kita-Alltag.   

Fallbeispiel 1: Ausflug in den Märchenpark

Eine Krippe unternimmt jedes Jahr an einem Freitag von 9 – 14 Uhr einen Familienausflug in einen Märchenpark. Geschwisterkinder dürfen nicht mitgebracht werden, da die Gruppe sonst zu unübersichtlich wird. Der Park ist ca. 20 km von der Krippe entfernt und kann nur sehr schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Der Eintritt kostet 16€ für Erwachsene und für Kinder ab 1 Jahr 8€. Zum Abschluss des Ausfluges essen alle Familien im Café im Park.

Wer wird hier unbewusst ausgegrenzt?

Diese Veranstaltung mag sicherlich ein besonderes Highlight im Kita-Jahr sein und Eltern und Kindern viel Freude bereiten. Gleichfalls sollten wir schauen, welche unbewussten Barrieren es vielleicht für manche Familien gibt. 

  • Kinder von Elternteilen, die vormittags arbeiten und sich nicht frei nehmen können, werden ausgegrenzt. 

  • Familien mit mehreren Kindern, die während dieses Zeitraums nicht anderweitig betreut werden können, werden ausgegrenzt.

  • Familien, die sich den Eintritt und das Essen im Café nicht leisten können, werden ausgegrenzt.. 

  • Familien ohne Auto werden ausgegrenzt. 

  • Familienmitglieder, die solch einen Ausflug aus gesundheitlichen Gründen nicht schaffen, werden ausgegrenzt. 

Sicherlich kann man nie alle Familien unter einen Hut bringen. Gleichfalls ist es wichtig, sich zu überlegen, wie die oben genannten Barrieren abgebaut werden können, um allen Familien eine Beteiligung zu ermöglichen und die Inklusion zu leben. Beispielsweise durch einen Spendentopf, durch den der Eintritt für Familien bezahlt werden kann, die nicht über die monetären Mittel verfügen. Achtung: Dieses Thema ist oft mit sehr viel Scham besetzt. Hier ist ein achtsames Vorgehen notwendig. 

Vielleicht könnt ihr den Termin verschieben, um es berufstägigen Bezugspersonen zu ermöglichen, daran teilzunehmen. Eine Möglichkeit wäre es auch, die Veranstaltung zu öffnen, so dass die gesamte Familie daran teilnehmen kann. Ich kenne eine Kita, die eine Kooperation mit einem Jugendzentrum ins Leben gerufen hat. Dort können die älteren Geschwisterkinder, die keine Freude mehr an dem Ausflug (oder einem Kita-Fest) haben, während der Zeit betreut werden. 

Fallbeispiel 2: Väter-Aktionstag in der Kita 

Die Kita „Regenbogen“ veranstaltet jedes Jahr einen Väter-Aktionstag. An diesem Tag wird etwas für die Kinder gebaut. In diesem Jahr soll ein Wasserspielplatz im Garten entstehen. An einem Samstag sind alle Väter mit ihren Kindern eingeladen, diesen Wasserspielplatz zu gestalten. Hierzu ist handwerkliches Geschick erforderlich. Die Väter sollen bitte vorhandenes Werkzeug mitbringen. Das Ziel der Veranstaltung ist es, Väter, die im Kita-Alltag weniger präsent sind, in die Kita zu holen und eine Möglichkeit zu schaffen, in der Väter gemeinsam mit ihrem Kind handwerklich aktiv werden. 

Wer wird hier unbewusst ausgegrenzt?

Sicherlich ist es ein gutes Ziel, die Väter bewusst in die Kita einzubinden. Gleichzeitig werden hier einige Stereotypen bedient, und zwar: Die Väter sind im Kita-Alltag kaum präsent. Männer sind handwerklich geschickt und haben Freude am Handwerk. Ich frage dich: „Sind wirklich alle Männer handwerklich geschickt? Haben alle Männer Freude am Handwerk? Sind wirklich alle Väter im Kita-Alltag nicht sichtbar?“

Zudem grenzen wir auch hier wieder unbewusst bestimmte Personengruppen aus: 

  • Väter, die weniger gerne handwerken. Ja, die können vielleicht auch andere Aufgaben übernehmen. Dann müssen wir es aber von Anfang an klar sagen, welche Aufgaben es noch gibt.

  • Kinder, die keine Väter haben, keinen Kontakt zu ihrem Vater haben oder die Väter, die aus einem anderen Grund nicht präsent sind. Manchmal ist der neue Lebenspartner der Mutter viel bedeutsamer für das Kind als der leibliche Vater. Vielleicht sagst du jetzt: Bei uns dürfen auch andere männliche Bezugspersonen mitkommen. Mein Sohn gehörte auch immer zu dieser Gruppe, die ausgeschlossen wurde. Es hat uns auch nicht weiter geholfen, dass der Opa mitkommen durfte. Denn dieser wohnt 800 km weit weg und einen männlichen Freund, der diese Rolle übernehmen wollte, gab es in meinem Freundeskreis auch nicht. 

  • Mütter oder weibliche Bezugspersonen. Vielleicht handwerkt eine Mutter viel lieber und ist hier viel geschickter als der Vater des Kindes. Wäre es nicht sinnvoller, dass sie mit viel Freude gemeinsam mit ihrem Kind handwerkt als ein Vater, der diese Aufgabe hasst?

  • Väter, denen es schwer fällt, sich sprachlich zu beteiligen, weil es keine gemeinsame Sprache gibt, um die Arbeitsschritte miteinander absprechen zu können. 

  • Vielleicht gibt es Väter, die im Kita-Alltag superpräsent sind und die Mütter nehmen eher eine zurückhaltende Rolle ein. Um das Ziel zu verfolgen: „Die Person in die Kita einzuladen, die sonst kaum präsent ist“, dürfen wir uns nicht auf ein bestimmtes Geschlecht fokussieren. Auch wenn es zu 90% vielleicht wirklich der Fall ist. 

Vielleicht lässt sich solch ein Tag auch anders gestalten, indem unterschiedliche Tätigkeiten angeboten werden, in denen sich jeder nach seiner Neigung und Freude ausleben kann? Vielleicht wäre es auch hier sinnvoll zu sagen: „Wir machen einen Aktionstag für alle Familien“. Dann kann die Familie selbst entscheiden, wer an dem Angebot teilnehmen möchte. Vielleicht hat eine Mutter, die Gärtnerin ist, viel mehr Freude und eine höhere Expertise beim Gestalten eines Wasserspielplatzes als ihr Mann, der „zwei linke Hände“ hat? Damit weicht ihr zwar von eurem ursprünglichen Gedanken ab - aber geht es nicht auch darum, einen tollen Wasserspielplatz für die Kinder zu schaffen und einen Tag zu gestalten, an dem sich jedes Kind beteiligen kann? Wenn wir den Rahmen zu eng stecken, dann verfehlen wir oftmals das Ziel. 

Fallbeispiel 3: Internationales Buffet für das Sommerfest

Die Kita Lummerland plant zum Sommerfest ein internationales Buffet anzubieten. Jede Familie soll eine typische Speise aus ihrem Heimatland mitbringen. Das Sommerfest findet von 15- 18 Uhr während des Ramadans statt. Die Erzieherin Anna bittet Frau Karaca (eine Kita-Mutter mit türkischer Herkunft, die seit der 3. Generation in Deutschland lebt) darum, etwas typisch Türkisches zum Sommerfest beizusteuern. 

Welche Stereotypen bedienen wir unbewusst bei diesem Fest?

Erst einmal ist die Frage zu klären, was ein typisches Gericht für ein Land ist. Was wäre ein typisches Gericht für Deutschland? Schweinebraten? Fischbrötchen? Sauerkraut? Sauerbraten? Spätzle? Knödel? Leberkäse? Weißwurst? Zumindest sagt das Google 😉 Welches Gericht würde dir schmecken bzw. was könntest du davon zubereiten? Ganz ehrlich: Ich müsste erstmal mein Kochbuch herausholen und würde stark unter Stress geraten. Denn mein Nudelsalat, den ich sonst immer gerne mitbringe, fällt leider unter der Kategorie „italienisches Essen“ und dürfte nur von der Mutter von Chiara zubereitet werden. Denn sie ist Italienerin. Ich weiß aber, dass sie überhaupt nicht gerne Nudeln mag. 

Warum wird überhaupt die Mutter gefragt? Ist Kochen Frauenarbeit? Ich hoffe doch nicht, dass du diesen Stereotyp in deinem Kopf mit dir rumträgst.

Die Frage ist auch noch: Hat Frau Karaca noch einen Bezug zur Türkei und den türkischen Speisen, wenn sie schon in der 3. Generation in Deutschland lebt? Häufig haben wir solche Stereotypen im Kopf. Wie sieht aber die Realität aus? Wäre es nicht besser, wenn wir unser leckeres Buffett mit den Lieblingsspeisen der Familien bestücken? Dann findet sich jede Familie wieder und ich bin sicher, dass es auch viele leckere internationale Gerichte gibt.  

Zudem grenzen wir hier Menschen aus, die während des Ramadans fasten. Sie sollen etwas beisteuern und können sich nicht am leckeren Buffett erfreuen. Um das zu vermeiden, wäre es sinnvoll, das Fest um ein paar Wochen zu verschieben. Ganz einfach, um allen Menschen eine Beteiligung zu ermöglichen. Wie du auch an diesem Beispiel siehst: Wenn wir achtsam mit der Vielfalt in der Kita umgehen und uns reflektieren, machen wir uns auf den Weg zu mehr Inklusion in der Kita. Und das auch noch ohne Mehrarbeit

Aber Bianca: Das ist doch nicht böse gemeint - man bekommt nie alle unter einem Hut!

Ja, sicherlich ist es nicht böse gemeint. Die meisten Ausgrenzungen finden auch unbewusst statt. Durch Regeln und Strukturen, die wir immer schon verfolgt haben. Die sicherlich auch ihren Sinn haben. Ich frage dich: „Wenn etwas nicht böse gemeint ist, ist es dann weniger schlimm? Verletzt es den anderen Menschen weniger?“

Ich denke nicht. Viele Menschen erleben nicht nur einmal diese Ausgrenzung, sondern immer wieder. Es ist ihr Alltag. Das prägt Kinder negativ und beeinflusst ihre Entwicklung und Bildung

Wir sollten uns und die Strukturen immer wieder reflektieren 

Wie du an den Fallbeispielen siehst, ist es immer wieder wichtig, sich mit unbewussten Ausgrenzungen auseinanderzusetzen und sich selbst und die Strukturen in der Kita zu reflektieren. Denn jegliche Art von Diskriminierung und Ausgrenzung tut den Kindern im Herzen weh. Sie haben einen großen Einfluss auf die Identitätsentwicklung der Kinder. Kinder wachsen mit dem Gefühl auf “Meine Familie ist anders – ich bin anders – ich bin falsch, so wie ich bin.” Vielleicht kennst du auch aus deiner Kindheit Gefühle wie: „Ich bin falsch, so wie ich bin. Wenn ich … wäre, dann wäre ich richtig“? Das hat große negative Auswirkungen auf die Identitätsentwicklung von Kindern.

Daher ist Folgendes extrem wichtig: 

  • Nicht die Gleichbehandlung aller Kinder und ihrer Familien steht im Fokus, sondern dass wir immer wieder reflektieren, ob wir alle Ausgangslagen und unterschiedlichen Ausgangsbedingungen berücksichtigt haben, um eine Chancengleichheit zu ermöglichen

  • Dass wir uns bewusst mit den Barrieren in der Ausstattung, in unseren Abläufen, Gewohnheiten, Regeln und in der Kommunikationskultur auseinandersetzen und die Barrieren abbauen, die Kinder oder ihre Familien an der Teilhabe behindern. 

  • Nicht Kinder und ihre Familien als „behindert“, „bildungsfern“, „ausländisch“, „auffällig“, „heraufordernd“ etc. abstempeln, sondern die stigmatisierenden Zuweisungen, die sozial und strukturell konstruiert werden, erkennen und vermeiden

Hierzu laden wir dich im Rahmen unserer dreiteiligen Fortbildungs-Reihe „Inklusion als Leitungsaufgabe: Die Kita vorurteilsbewusst leiten“ ein. 

Fortbildungsreihe "Inklusion als Leitungsaufgabe: Die Kita vorurteilsbewusst leiten" 


Inklusion ist eine Leitungsaufgabe und umfasst die Mitarbeiterführung und die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern. In dieser Fortbildung lernst du, wie du deine Kita vorurteilsbewusst leitest. Hiervon profitieren nicht nur die Kinder und ihre Familien, sondern es wird auch das gesamte Kita-Team dabei unterstützt, eine inklusive Umgebung zu schaffen.

Das lernst du:

  • Die Ziele der vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung und wie du diese im Kita-Team umsetzt

  • Methoden zur Mitarbeiterführung im Kontext der Inklusion

  • Welchen Vorteil die vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung für ein gutes Miteinander in der Kita und die Identitätsbildung der Kinder hat

  • Welches Leitungshandeln zielführend ist

  • Wie du mit Widerstand im Team umgehst 

  • Wie du mit diskriminierenden Äußerungen umgehst

  • Erkundung von Wegen zur Förderung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern

  • Eine effektive Methode, um Konflikte mit Eltern zu lösen

Alle Infos zur Fortbildung findest du hier.

Denn als Kita-Leitung hast du eine hohe Verantwortung dafür, dass in der Kita und deinem Team eine Vielfalt respektiert wird und Ausgrenzungen minimiert werden. Das Ziel ist es, eine Kita-Umgebung zu schaffen, die die verschiedenen Lebenswelten und Bildungs- und Entwicklungsbiografien der Kinder berücksichtigt. Ein Kita-Team zu führen, das sich klar gegen den Ausschluss und die Herabwürdigung von Menschen stellt. Denn Kinder sind die am stärksten vulnerable Gruppe und brauchen ein höheres Maß an Schutz, Unterstützung und Achtsamkeit. Und hierbei möchten wir dich unterstützen. Um mehr Inklusion und Diversity in der Kita zu leben. 

TEAMZUGRIFF & ZAHLUNGSOPTIONEN


Du kannst dir den Platz in der Fortbildung direkt über die Anmeldeseite sichern.

Falls du eine klassische Rechnung oder Teamzugriff brauchst, dann schreibe uns gerne eine E-Mail an info@praxis-kita.de.



Schlagworte

Diversity, Führungskraft, Inklusion, Kita, Vielfalt, vorurteilsbewusst


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