Früher sprach man von der Schulreife und heute von der Schulfähigkeit von Kindern. Damit ist gemeint, ob Kinder alle notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen haben, um den Übergang von der Schule in die Kita gut zu meistern. Erfahre in diesem Beitrag, welche Faktoren wirklich wichtig sind, wenn es um die Einschätzung der Schulfähigkeit von Kindern geht.
Der Übergang zur Schule ist ein Prozess
Der Übergang ist ein länger andauernder Prozess und findet nicht am Tag der Einschulung statt – er beginnt schon lange vor dem ersten Schultag. Der Beginn des Übergangsprozesses startet also mit den Vorbereitungen in der Familie und in der Kita. Kinder werden erst in der Schule zu Schulkindern, d. h. durch die konkreten Erfahrungen in der Schule und das Reinwachsen in die neue Rolle und die damit verbundenen Erwartungen.
Daher ist es immer besonders wichtig, dass du in der Kita und auch im Entwicklungsgespräch mit den Eltern überlegst, ob das jeweilige Kind die notwendigen Fähigkeiten besitzt, den Übergang gut zu bewältigen. Dieser Blick auf das Kind ist besonders wichtig – vor allem, wenn es um Kinder geht, die uns möglicherweise „Bauchschmerzen“ bereiten oder bei denen die Eltern eine frühe Einschulung bevorzugen.
WICHTIG
"Übergänge" oder "Transitionen" bezeichnen Ereignisse, die bedeutende Veränderungen für die Betroffenen mit sich bringen. Diese Zeiträume, anders als einzelne Zeitpunkte wie die Einschulung, sind von besonders dicht gedrängten Erfahrungen geprägt, bei denen die Personen in einem kurzen Zeitrahmen mit vielen neuen Anforderungen konfrontiert sind. Es erfordert einen intensiven und beschleunigten Lernprozess, sich an diese Veränderungen anzupassen.
Wichtig ist dabei, dass die Personen nicht machtlos und passiv dem Übergang ausgeliefert sind, sondern aktiv an seiner Gestaltung teilnehmen können. Besonders beim Übergang in die Schule ist es entscheidend, dass die Kinder sich dazu befähigt fühlen, diesen Übergang aktiv zu gestalten.
Wie die Persönlichkeit deines Kindes den Übergang beeinflusst
Die Kinder sind die Personen, die den Übergang vom Kita-Kind zum Schulkind vollziehen. Oftmals denken wir darüber nach, bei den Kindern bestimmte kognitive oder motorische Fähigkeiten zu stärken, um ihnen eine gute Anschlussfähigkeit zu ermöglichen. Dazu gehören das Zählen, das Erkennen von Mengen sowie feinmotorische Fertigkeiten wie die korrekte Stifthaltung, das Malen innerhalb von Linien oder das Schneiden. Manchmal steht auch das Erlernen des Schleifenbindens auf dem Programm.
Folgende Faktoren sorgen dafür, dass Kinder den Übergang in die Schule gut meisten:
- Das Alter der Kinder bei der Einschulung scheint einen Einfluss auf den Erfolg in der Schule zu haben: Ältere Schulanfänger haben gegenüber jüngeren Kindern, also z. B. frühzeitig eingeschulten, durchschnittlich einen besseren Start in die Schule, zeigen im weiteren Verlauf auch bessere Schulleistungen und wiederholen seltener Klassen; dies zeigt sich in mehreren Ländern (z. B. Murray 2014; Faust u. a. 2012)
- Die kognitiven Fähigkeiten des Kindes, insbesondere in den Bereichen sprachliche und mathematische Vorläuferkompetenzen, spielen eine entscheidende Rolle. Es gibt fundiertes Forschungswissen, das zeigt, dass die Kompetenzen der Kinder im Jahr vor der Einschulung eine hohe Vorhersagekraft für den zukünftigen Schulerfolg haben.
- Kinder, die im Zeitraum vor der Einschulung ausgeprägte Fähigkeiten zur Selbstregulation besitzen, insbesondere in Bezug auf die Regulation von Aufmerksamkeit, Verhalten und Emotionen (wie z. B. Belohnungsaufschub), haben in Studien bessere Schulleistungen am Ende der ersten Klasse gezeigt. Diese positiven Auswirkungen erstrecken sich auch über den weiteren Verlauf der Grundschulzeit im Vergleich zu Kindern mit weniger ausgeprägten Selbstregulationsfähigkeiten.
- Sozial-emotionale Kompetenzen des Kindes, wie z. B. die Fähigkeit zum Beziehungsaufbau zu den Lehrkräften und anderen Kindern, sind ebenfalls geeignete Bedingungsfaktoren für einen gelingenden Übergang und die weitere schulische Entwicklung.
- Die Entwicklung der Interessen bei Kindern ist von großer Bedeutung, da sie eng mit der Motivation zum Lernen verknüpft ist. Wenn die Interessen der Kinder bei der Auswahl von Aktivitäten berücksichtigt werden, erleichtert dies ihre Anpassung an die Veränderungen, die mit dem Schulstart einhergehen.
WICHTIG
Kinder mit einem schwach ausgeprägten Selbstkonzept neigen eher dazu, Schwierigkeiten bei der Anpassung an die Veränderungen, die mit dem Wechsel an die Schule einhergehen, zu haben.
Es wird deutlich, dass wir stärker auf die Arbeit an realen Projekten setzen sollten, anstatt einzelne Fähigkeiten und Kompetenzen isoliert zu trainieren. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die sozial-emotionalen und personalen Kompetenzen der Kinder einen ebenso signifikanten Einfluss auf einen erfolgreichen Übergang und das Lernen in der Schule haben. Sollten wir im Kita-Alltag also einen größeren Fokus auf diesen Bereich legen, als auf kognitive Fähigkeiten?
2-tägige Wochenend-Fortbildung
Erfahre in unser 2-tägigen Wochenend-Fortbildung „Den Übergang von der Kita in die Schule für Kinder entwicklungsanregend gestalten“ am 21. und 29. September 2024 von je 9:00 bis 15:30 Uhr, welche Fähigkeiten und Kompetenzen für den Übergang in die Schule besonders wichtig sind und welche Bewältigungsstrategien Kinder brauchen.
Diesen Einfluss hat die Familie auf den erfolgreichen Übergang in die Schule
Nicht nur die Kinder in ihrer gesamten Persönlichkeit haben einen Einfluss darauf, wie gut der Übergang in die Schule gelingt, sondern auch die Eltern. Hinzu kommt, dass die Eltern selbst auch einen Übergang durchleben, der Ressourcen verbraucht und mit einer Weiterentwicklung verbunden ist: Sie werden von Eltern eines Kindergartenkindes zu Eltern eines Schulkindes.
Eltern durchleben nicht nur selbst den Übergang, sondern sind gleichzeitig auch die einzigen Personen, die das Kind im Übergang begleiten und stärken. Besonders stärkend wirkt es auf die Kinder, wenn sie die Zuversicht ausdrücken, dass ihre Kinder erfolgreich sein werden. Ebenso wichtig ist es, dass Eltern offen Gespräche mit den Kindern führen, z. B. über die Sorgen und Ängste der Kinder. Dass sie Fragen der Kinder in Bezug auf die Schule beantworten und sich über alle anderen schulischen Belange mit ihrem Kind austauschen.
Eltern, die einen autoritativen Erziehungsstil haben, der ihre Liebe zum Kind zeigt, aber auch eine gute Strukturierung des Alltags unterstützt, hilft den Kindern dabei, in ihre neue Rolle als Schulkind hineinzuwachsen. Die Kinder brauchen auch Eltern, die mit ihren Kindern ab der Einschulung lesen und andere bildungsnahe Aktivitäten ausführen.
Wie viele Eltern mahnen ihre Kinder und sagen: „Warte mal ab, bis der Ernst des Lebens beginnt!“ oder üben vor der Einschulung kognitive, motorische, sprachliche oder mathematische Fähigkeiten, anstatt sie sozial-emotional zu stärken? Oder äußern diesen Wunsch an dich als Fachkraft?
Alle Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Manchmal ist dieser Weg aber nicht der Richtige. Daher ist es besonders wichtig, dass du immer wieder mit den Eltern besprichst, auf welche Fähigkeiten es für einen erfolgreichen Übergang wirklich ankommt. Wie du mit Eltern interaktiv über ihre veränderte Rolle sprichst und wie sie ihre Kinder entsprechend begleiten können, erfährst du in unserer Fortbildung.
Die Kooperation im Rahmen der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft hat eine große Bedeutung für den Übergang
Eine Forschungsgruppe unter Leitung von Petra Hanke führte eine Studie unter dem Titel „Wirkungen von Formen und Niveaus der Kooperation von Kita und Grundschule auf Erzieherinnen und Erzieher, Lehrpersonen, Eltern und Kinder“ (WirKt) durch (Hanke u. a. 2013) und hat herausgefunden:
Je besser die Kooperation im Rahmen der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft gestaltet wurden, desto erfolgreicher verlief der Übergang für die Kinder.
Es wurden 339 Eltern drei Monate vor der Einschulung ihres Kindes und 399 Eltern drei Monate nach dem Eintritt ihres Kindes in die Schule befragt. Deutlich wurde: Je höher die Kooperationsintensität und -vielfalt war, desto höher war die Zustimmung der Eltern zu positiven Wirkaspekten und desto geringer die Zustimmung zu negativen Wirkaspekten.
Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer starken Kooperation zwischen Eltern, Kindergarten und Schule für einen erfolgreichen Übergang. Allerdings zeigen Forschungsergebnisse, dass solche Kooperationen oft nur gering ausgeprägt sind, mit einem Schulbesuch kurz vor der Einschulung und gelegentlichen Infoveranstaltungen. Es wird betont, dass weitere Anknüpfungspunkte für Kinder und Eltern erforderlich sind, um eine gute Anschlussfähigkeit zu gewährleisten
TIPP
Falls du an dieser Stelle gerade denkst, dass die Schule sich der Kooperation entzieht: Es gibt eine Verpflichtung zur Kooperation. Darauf kannst du dich also auch berufen!
In unserer 2-tägigen Wochenende-Fortbildung „Den Übergang von der Kita in die Schule für Kinder entwicklungsanregend gestalten“ am 21. und 29. September 2024 von je 9:00 bis 15:30 Uhr entwickeln wir gemeinsam Ideen für mögliche Kooperationen, die nicht zeitaufwändig sind. Sie müssen einfach nur bewusst eingeplant werden.
Das Ziel dahinter ist es, den Übergang in die Schule kindgerecht und entwicklungsanregend zu gestalten.
Das ist auf Ebene der Schule wichtig
Als Gegenpol zur Schulfähigkeit der Kinder steht auf der anderen Seite die Kindfähigkeit der Schule. Denn eine Schule, die sich auf die Kinder einlassen kann, die zu ihr kommen, sorgt für eine bessere Anschlussfähigkeit als eine Schule, die „fertige“ Kinder erwartet.
Folgende Faktoren haben einen großen Einfluss darauf, wie gut ein Kind den Übergang in die Schule vollzieht:
- Qualität des Unterrichts
- Beziehung zwischen dem Kind und der Lehrkraft
- Erwartungen der Lehrkräfte an die Kinder
- Beziehungen der Kinder untereinander
Kinder, die positive Beziehungen zu den Lehrkräften und auch zu den anderen Schulkindern haben, erleben den Übergang positiver, als Kinder bei denen dieses nicht der Fall ist.
Übergange bieten immer Risiken und Chancen
Jeder Übergang ist immer mit gewissen Risiken verbunden und bringt auch viele große Chancen mit sich. Die Chancen für die Kinder sind Entwicklungschancen, in dem sie sich kognitiv und sozial-emotional weiterentwickeln. Sie entwickeln in einer sehr kurzen Zeit viele neue Fähigkeiten und Kompetenzen und starten mit einem neuem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl „Ich bin jetzt ein Schulkind“ in den neuen Lebensabschnitt. Das Ziel ist es, dieses Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl auch weiter zu stärken und nicht durch einen ungünstig verlaufenden Übergang in die Schule zu reduzieren.
Gleichzeitig dürfen wir die Risiken nicht aus dem Blick verlieren. Wenn ein Kind sich im Übergang nicht kompetent erlebt, kann dieses zu Überforderung oder einer Krise führen. Der Prozess kann auch mit Entwicklungsrückschritten verbunden sein. Daher sollte es immer das Ziel des Übergangs sein, diesen für die Kinder so zu gestalten, dass er entwicklungsanregend und kindgerecht (und nicht schulgerecht) ist.
Es ist leicht nachvollziehbar, dass unter so verdichteten Entwicklungsanforderungen Stärken und Schwächen der Kinder (und auch der Eltern) erkennbar werden, aber auch, dass eine gute Vorbereitung und Begleitung in diesem Prozess entscheidend zur Bewältigung beitragen können.
2-tägige Wochenend-Fortbildung
Und genau hierbei wollen wir dich im Rahmen unserer 2-tägigen Wochenend-Fortbildung „Den Übergang von der Kita in die Schule für Kinder entwicklungsanregend gestalten“ am 21. und 29. September 2024 unterstützen:
Du lernst, wie du alle am Übergang beteiligen Akteure (Kinder, ihre Eltern, die Kita und die Schule) mit ins Boot holst, um den Übergang zu einer großen Chance werden zu lassen und um Risiken der Überforderung zu minimieren.
Wir freuen uns darauf, dich in der Fortbildung zu begrüßen!
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Falls du eine klassische Rechnung oder Teamzugriff brauchst, dann schreibe uns gerne eine E-Mail an info@praxis-kita.de.