Kindheit war schon immer im Wandel und wird es auch weiterhin sein. Die Dynamik des Wandels hat nur stark zugenommen und diese Auswirkungen bemerkst du sicher auch in deiner Arbeit in der Kita. In unserem heutigen Blogartikel erfährst du daher, warum die bewusste Naturbildung und Naturpädagogik wichtiger ist denn je.
Diese Veränderungen in der Kindheit solltest du im Blick behalten
Wie Kinder aufwachsen, hat sich in den letzten Jahren stark in folgende Richtung gewandelt:
- „Medienkindheit“
- „Entsinnlichte Kindheit“
- „Institutionalisierung“ und
- die „Inselkindheit“
Inselkindheit bedeutet, dass Kinder in vorstrukturierten Lebensräumen (Kita, Einkaufsparks, Freizeitstätten…) aufwachsen. Kinder werden häufig zur Kita, zu Freunden und zu Freizeitaktivitäten gefahren. Sie wachsen in sich geschlossenen „Institutionen“, wie Krippe, Kita und Schule auf. Der Zeitpunkt, in denen Kinder die Institutionen besuchen und auch die „Betreuungszeiten“ haben sich stark gewandelt.
Durch diese Veränderungen gehört ein Aufwachsen in einer naturfernen Alltagsumgebung mittlerweile eher zur Normalbiografie, als zur Ausnahme. Diese 4 Veränderungen bringen es mit sich, dass immer mehr Kinder durch die eingegrenzten Lebensräume und der Alltagshektik von A nach B fahren und von einer Aktivität zur Anderen gefahren werden.
Durch kontinuierliche Impulse und Anregungen von außen, brauchen Kinder keine eigenen Aktionsimpulse mehr entwickeln. Im Gegenteil, teilweise müssen sie diese sogar unterdrücken, weil Aktion XY auf dem Plan steht. Kinder haben heute weitaus weniger Zeit dafür, ungestört und mit allen Sinnen in einer selbstgewählten Aktivität einzutauchen und sich in Ruhe und aus dem Inneren heraus selbst wahrzunehmen.
Welche Bedeutung das für Kinder hat wird deutlich, wenn ich in Fortbildungen Erwachsene nach ihren schönsten und glücklichsten Kindheitserinnerungen befrage. Was denkst du, welche Erinnerungen dann genannt werden? Die Inhalt der musikalischen Früherziehung, das Projekt „Zahlenland“ aus der Kita oder etwas ganz anderes?
Unsere schönsten Kindheitserinnerungen sind oftmals unsere Erlebnisse in der Natur
Wenn ich in Fortbildungen die Teilnehmer frage: „Was waren eure schönsten und glücklichsten Momente in der Kindheit“ werden immer Erlebnisse genannt, die die Aspekte „Freiheit“ und „Natur“ in sich tragen. Also Erlebnisse in der Natur, ohne die Aufsicht von Erwachsenen. Spannende Herausforderungen wurden gemeistert, die Gruppe der Kinder hat zusammen gehalten und es gab viele sinnliche Erlebnisse.
Meine persönlichen Erinnerungen sind immer folgende: Wie ich mit Gummistiefeln bekleidet und Freunden draußen an einem Bach gespielt habe (Soziale Aspekte und Naturbildung). Wir haben Fische gefangen, Wasserpflanzen und Froschleich mit nach Hause genommen um das Wachsen der Frösche zu erleben (Naturbildung). Wir haben gemeinsam und partizipativ ausdiskutiert, ob wir über einen umgekippten Baumstamm, der über einen großen Bach lag, balancieren sollten. Das Wort Partizipation war noch nicht in der Pädagogik angekommen und so haben wir intuitiv und mit großer Logik darüber abgestimmt. Das Ergebnis lautete: „Ich bin das leichteste Kind, also sollte ich den ersten Versuch machen“. Gesagt getan und als ich in der Mitte war, gab es einen großen Knack, der Baumstamm zerbrach und ich plumpste in das kalte Wasser. Auch das ist Naturbildung und das Erleben von naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten.
Was sind deine schönsten Kindheitserfahrungen? Ich lade dich an dieser Stelle ein, dich an deine schönsten Kindheitserinnerungen zurückzuerinnern.

Tipp
Tausche dich bei einem Elternabend auch einmal über diese Frage aus. Dadurch machst du die Bedeutung von Naturerlebnissen und der Naturpädagogik den Eltern transparent.
Warum ist Naturpädagogik so wichtig?
Bedingt durch diesen gesellschaftlichen Wandel, sollten wir uns stärker mit der Naturpädagogik beschäftigen. Denn Kinder brauchen in der Kita nicht die gleichen Spielmaterialien und Aktivitäten, die sie schon im Elternhaus und der Freizeit vorfinden. Kinder brauchen von uns mittlerweile die Möglichkeit ohne Zeitdruck und Hektik ihre eigenen Grenzen auszutesten. Sie brauchen die Gelegenheit, mit allen Sinnen ihre Umgebung und die Natur zu erfahren.
Nun denke einmal an deinen vielleicht hektischen Kita-Alltag, indem du von Aktivität zur Aktivität hetzt. Reflektiere einmal für dich selbst oder in deinem Team:
- Wie viel Zeit erfahren Kinder in deinem Kita-Alltag, um in Ruhe in der Natur einzutauchen?
- Wie ungestört können sie wirklich in die Natur eintauchen?
- Wie viel „Natur“ bietet euer Außengelände?
- Wie viele Regeln gibt es für euer Außengelände, die ein sinnliches Eintauchen in der Natur verhindern?
Ich glaube, wenn wir diese Fragen offen und ehrlich beantworten, ist das Ergebnis oftmals erschreckend. Und genau daher ist es so wichtig, dass du dich in der Kita bewusst mit dem Thema „Naturpädagogik“ auseinander setzt.
Das sind die Ziele der Naturpädagogik
Der Begriff „Naturpädagogik“ bezeichnet das Verhältnis der Kinder zur Natur. Naturpädagogik hat im Verhältnis zu der klassischen Umweltbildung nämlich einen anderen Ansatz. Die Naturpädagogik zielt darauf ab, mit Spiel und Erlebnissen in der Natur das Verständnis der Kinder für die Natur zu stärken. Die Kinder sammeln praktische und individuelle Erfahrungen.
Das Ziel der Naturpädagogik ist es auf spielerische Art und Weise:
- die eigenen Grenzen auszutesten
- den Mensch als Lebewesen in den Kreislauf der Natur einzuordnen
- ein Bewusstsein für Naturphänomene zu entwickeln
- Erkenntnisse über die Naturphänomene zu erlangen
Durch den Aufenthalt in der Natur, bauen die Kinder eine Beziehung zu ihr auf. Und genau diese Merkmale kommen in vielen elementarpädagogischen Einrichtungen und auch im Familienalltag häufig zu kurz.
Der Bewegungsmangel nimmt zu
Der Mangel an körperlicher Aktivität von Kindern und Jugendlichen war bereits vor der Pandemie groß: In Deutschland bewegten sich nur 26% der Kinder und Jugendlichen eine Stunde am Tag oder mehr mit mindestens moderater Intensität, wie von der WHO empfohlen. Dieser Bewegungsmangel hat sich während der Pandemie verschärft (Quelle: Leopoldina 8. Ad-hoc-Stellungnahme – 21. Juni 2021).
Naturpädagogik soll nicht noch mehr Hektik in den Kita-Alltag bringen
Naturpädagogik bedeutet nicht, die „Frischluftzeiten“ auf dem Außengelände zu erhöhen. Sondern die naturpädagogische Bildung findet sich in fast allen Lebens- und Bildungsbereiche in der Kita wieder. Beispielsweise in den Bereichen:
- Bewegung, gesundheitliche Bildung und Ernährung
- Werteorientierung und Wohlbefinden
- Kreativität
- Sprache
- Naturwissenschaftliche Bildung
- Mathematische Bildung
- Projekte und Themen wie Landwirtschaft, Tiere, Pflanzen, Gärtnern
Daher sollten wir unseren Blick gezielt darauf richten, wie wir mit unseren natürlichen Ressourcen umgehen. Und unsere natürlichen Ressourcen sind für mich persönlich nicht nur Rohstoffe, die Fruchtbarkeit des Bodens, das Wasser, die Luft und erneuerbare Energiequellen. Für mich persönlich zählen dazu auch die Ressourcen von jedem einzelnen Menschen und die Ressourcen von eurer Kita. Naturpädagogik bedeutet nicht, noch mehr anzubieten, und den Stress noch mehr zu erhöhen.

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