Blogbeitrag

Sollen wir Kita-Eltern duzen oder siezen?

Immer wieder taucht die Frage auf, ob Eltern „geduzt“ oder „gesiezt“ werden sollen. Einige Kitas haben verbindliche Regelungen getroffen. Es gibt Argumente, die eindeutig für die förmliche Sie-Ansprache sind. Ebenso gibt es auch Argumente, die für ein „du“ sprechen. Diese Frage ist auch nicht so pauschal zu beantworten.

Meine persönliche Geschichte zu der Frage „Du oder Sie“ Heute möchte ich mit meiner persönlichen Geschichte zu dem Thema starten. Während meines Anerkennungsjahres zu Erzieherin war es noch üblich, dass alle Eltern mit „Sie“ und „Frau“ oder „Herr“ angesprochen wurden. Selbst die Kita-Kinder haben mich mit „Frau Hofmann“ angesprochen. Teilweise waren wir auch noch „Fräulein“.

Ich wuchs in einem kleinen Ort auf, indem jeder jeden kannte. So kam es irgendwann, dass ich mit ein paar wenigen Eltern, die ich auch privat kannte, „per du“ war. Es ist ja auch eine komische Situation, privat „du“ zu sagen und in der Kita das „Sie“ anzuwenden.

Irgendwann bekam meine Praxisanleitung dieses mit und ich habe einen freundlichen, aber sehr deutlichen Hinweis bekommen, dass ich die Eltern lieber mit „Sie“ ansprechen soll. Das Argument war, „man sagt eher du A……“ als „Sie A….“. Als brave Praktikantin habe ich mich natürlich an diese Aussage gehalten. Noch mehr: Sie brannte sich so in meinem Kopf ein, dass ich mich überhaupt nicht mehr getraut habe, mit Eltern in der „du“ Form zu sprechen. Nur, wenn diese mir das ausdrücklich angeboten haben. Und selbst dann fiel es mir schwer.

Worauf möchte ich hinaus? Sicherlich sagt man einer vertrauten Person eher etwas Saloppes, als einer weniger vertrauten Person. Aber hängt es wirklich davon ab, wie vertraut wir mit einer Person sind, ob wir sie mit „Sie“ oder „Du“ ansprechen? Hängt es wirklich davon ab, ob jemand sich im Wort vergreift, ob wir „Sie“ oder „Du“ sagen? Ich denke nicht. Meine Erfahrung zeigt: Nein, tut es nicht. Wenn jemand den Drang verspürt, jemanden beleidigen zu wollen, dann tut er/sie das sowieso.

Aus diesem Grund ist für mich das Argument, dass der Umgang respektvoller ist, so nicht mehr ausschlaggebend. Respekt und Wertschätzung hängen von der inneren Haltung ab.

Mythos: Migranten-Eltern bevorzugen das „Du“. Vor ein paar Wochen habe ich in einer Diskussion von dem Argument gehört: „Migranteneltern fällt ein „Du“ leichter“. Sie glauben nicht, wie mir die Hutschnur geplatzt ist, da diese Aussage voller Stereotypen ist.

  1. Auch Eltern aus Österreich und der Schweiz, die nach Deutschland gezogen sind, gehören zur Gruppe der Migranten und sind mit der deutschen Sprache von Geburt an bestens vertraut. Für unsere Leser aus der Schweiz und Österreich: Wir zählen auch Deutsche, die bei Ihnen im Land leben, als Migranten. Daher sind solche pauschalen Aussagen in keinster Weise zutreffend.
  2. Es gibt Sprachen, da wird genauso zwischen der „du“ und der „Sie“-Form unterschieden, wie in der deutschen Sprache. Auf die Schnelle fällt mir hier beispielsweise Italienisch und Spanisch ein. Die Grammatik ist in diesem Punkt ebenso herausfordernd wie die Deutsche.
  3. Es gibt sogar Sprachen, da wird nicht nur zwischen „du“ und „Sie“ unterschieden, sondern es werden aufgrund des Alters und der Hierachiestufe komplett andere Wörter und Formulierungen genutzt. Beispielsweise werden jüngere Menschen oder Menschen in anderen Hierachiestufen anders angesprochen als Menschen des gleichen Alters und der gleichen Hierachiestufe.

Also: Die Aussage, dass Migranteneltern fällt das „du“ leichter fällt, ist so nicht richtig. Ebenso Argumente, die im Zusammenhang mit der schweren deutschen Grammatik gebracht werden. Bitte tappen Sie in Ihrer Argumentation nicht in diese Stereotypenfalle, indem Sie alle Migranten „in einem Topf“ werfen und pauschal behaupten, "Migranteneltern fällt das „du“ leichter". Es mag Sprachen und Länder geben, in denen es überhaupt keine „Sie“ Form in der Sprache gibt. Aber dieses trifft nicht auf alle Sprachen und Kulturen zu.

Unsere Sprache und unser Miteinander verändert sich: Vor vielen Jahren war es noch üblich, Menschen in einem beruflichen Kontext mit den Nachnamen und Sie anzusprechen. Wie ich schon sagte: Selbst die Kita-Kinder haben uns mit „Frau“ angesprochen und dann aber die „du“ Form gewählt. Das ist eine Ansprache, die heute in der Kita kaum noch zu finden ist. Etwas was Sie vielleicht noch mehr erstaunen wird ist, dass es im 18. Jahrhundert etwa undenkbar war, dass Kinder ihre Eltern duzen. Eltern wurden mit einem „Sie“ angesprochen.

Deutlich wird: Sprache verändert sich. Das sollten Sie auch immer bedenken, wenn Sie in der Kita darüber diskutieren, wie Sie die Eltern ansprechen. Ganz allgemein wird heute viel mehr und viel schneller „du“ gesagt als noch vor 10 Jahren. Sicherlich haben die sozialen Netzwerke auch dazu beigetragen.

Entscheidungen und Argumente, die vor ein paar Jahren noch gut und richtig waren, sollen Sie wirklich einmal kritisch beleuchten. Die Entscheidung ob „du“ oder „Sie“ sollten Sie nicht von rationalen Argumenten abhängig machen. Achten Sie stattdessen auf Folgendes:

  1. Ihr Wohlbefinden und das Wohlbefinden des Gesprächspartners,
  2. wie Sie die Beziehung zu den Eltern generell gestalten wollen, und
  3. welche Kommunikationsstrukturen zielführender sind. Das heißt: Erreichen Sie die Eltern eher mit einem „Sie“ oder mit einem „du“?

Sie sollten keinesfalls alle Eltern pauschal mit „du“ ansprechen, es sei denn, es ist in Ihrer Kita durchaus so üblich und die Eltern werden darüber informiert. Ein „du“ sollte aber auch nicht verboten werden. Wählen Sie die Form, die zu Ihnen und Ihrem Gesprächspartner passt. Bedenken Sie immer: Ein Gesprächspartner ist individuell und eine Entscheidung muss nicht für alle Eltern gelten.

Falls Sie sich generell mit einem „du“ nicht wohlfühlen, dann sollten Sie dieses auch sagen. Denn ein gutes Miteinander hängt nicht von der Ansprache ab, sondern von unserer Haltung und generellen Wertschätzung.

WICHTIG


Beziehungen und das Miteinander verändern sich. Daher sollten Sie auch Ihre Sprache anpassen (dürfen). Hierzu kann es auch gehören, dass Eltern unterschiedlich angesprochen werden. Sicherlich sollten Sie – unabhängig von der Ansprache - nicht Ihre professionelle Rolle als Fachkraft verlassen. Diese hängt mit Ihrem gesamten Auftreten zusammen. Von der Wahl der Themen, die Sie mit Eltern besprechen und auch von Ihrer Außenwirkung. Diese sollten immer hoch professionell sein. Setzen Sie hier durch ein „Nein“ eine Grenze, wenn Sie merken, dass Eltern die professionelle Rolle verlassen.

Bedenken Sie: Der Verlauf von Konflikten hängt nicht von der Ansprache ab Beim Schreiben dieses Blogartikels fiel viel mir noch ein erschreckendes Argument ein: „Das Duzen hat die Funktion, es kuschliger zu machen, es vertrauter zu machen, uns zu suggerieren: Wir sind ja alle so nett zueinander. Konflikte werden dadurch verdeckt“.

Ob es Konflikte gibt und wie diese Verlaufen hängt nicht von der Ansprache ab, sondern von der Rolle, die die Konfliktpartner in Konflikten einnehmen. Aber dazu mehr im nächsten Blogpost.

Webinar:


Falls Sie das Thema „Konflikte mit Eltern“ interessiert, dann freuen Sie sich auf unser neues Webinar: „Immer dieses Drama mit den Eltern“, am 28.10.2020 von 18:30 Uhr bis 20:45 Uhr.

Unsere Webinare sind erfahrungsgemäß immer sehr schnell ausgebucht. Wenn Sie dabei sein wollen, dann melden Sie sich schnell an.

Anmeldefrist: 28.10.2020 15 Uhr

Dieses Resümee haben wir für unser Unternehmen gezogen Wir haben in den letzten Wochen auch reflektiert, wie wir Sie, liebe Leser und Leserin, ansprechen möchten. In unseren sozialen Netzwerken haben wir von Anfang an, die „Du-Form“ gewählt, da es besser zur Situation bzw. zum Medium passt.

In unserem Blog und in den E-Mails, die Sie von uns erhalten, haben wir immer die „Sie-Form“ gewählt. Dadurch wollten wir einen professionellen Rahmen stecken. Dieses fühlte sich für uns und unsere Leser für lange Zeit richtig an.

Aber wie ich vorangehend schon geschrieben habe: Die Sprache und auch die Beziehungen verändern sich. Ein professioneller Rahmen hängt nicht nur von der Ansprache ab. Wir bieten Ihnen stets qualitativ hochwertige Inhalte und haben es uns zum Ziel gesetzt wertschätzend und lösungsorientiert mit Ihnen zu kommunizieren.

In der letzten Zeit passte das „Sie“ für uns und auch für viele Leser und Teilnehmer unsere Webinare nicht mehr so richtig. Es ist – ganz besonders während der Corona-Zeit - eine sehr vertrauensvolle Community entstanden.

Das war für uns auch der Auslöser unsere Kommunikation mit Ihnen, liebe Leser und liebe Leserin, einheitlich zu gestalten. Wir werden unseren Newsletter und unsere Blogartikel nun auch auf ein wertschätzendes „Du“ umstellen.

Damit möchten wir Ihnen nicht weniger Respekt zollen, sondern einfach auf die veränderten Sprachgewohnheiten reagieren. Ab dem nächsten Blogpost und unserem nächsten Newsletter, werden wir mit einem wertschätzenden und vertrauensvollen „Du“ arbeiten.

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie unser Angebot zu einem „Du“ als Wertschätzung Ihnen gegenüber betrachten.

Mit besten Grüßen

Bianca

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    Schlagworte

    Kita, konflikt, konfliktmanagement, Teamarbeit, Teambuilding, übung


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