Ängste gehören zur normalen Entwicklung von Kindern und auch zum Leben dazu. Um die Kinder in ihrer Entwicklung zu stärken, ist es wichtig, empathisch und bewusst mit Kinderängsten umzugehen. Ängste zu ignorieren, Kinder schutzlos ihren Ängsten auszuliefern oder nicht für eine angstfreie Umgebung zu sorgen, hemmt die Entwicklung der Kinder.
Das steckt hinter Ängsten
Ängste sind nichts Schlechtes oder Schlimmes. Sie sind ein wichtiges Gefühl, das wie ein Wegweiser fungiert. Sie haben eine wichtige Schutzfunktion. Zu starke Ängste können die Entwicklung allerdings auch behindern, die Kinder lähmen und ihr Handeln einschränken.
Betrachte die Ängste daher immer als das, was sie sind: eine Warnung. Das Kind fühlt sich in einer Situation überfordert. Auch, wenn du es aus deiner Perspektive heraus vielleicht anders siehst. Dabei kann die Angst verschiedene Ursachen haben:
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Das Kind fühlt eine Bedrohung von außen, wie Dunkelheit, Tiere, größere und laute Kinder, fremde Personen.
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Das Kind hat bedrohliche innere Bilder, Vorstellungen oder Fantasien – wie das Monster unter dem Bett oder Gespenster – oder befürchtete Naturkatastrophen
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Das Kind erlebt Veränderungen im Zuge von Übergängen in andere Lebensabschnitte, wie den Start in die Kita, den Schulbeginn oder ein Ausflugsziel, das dem Kind unbekannt ist
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Das Kind durchlebt körperliche Veränderungen, die durch eine Krankheit oder Wachstum erfolgen, oder auch Krankheiten von anderen Personen oder Tieren
Angst schützt Kinder vor Gefahren. Doch Angst kann auch lähmen und einschränken. Dann hat sie das sinnvolle Maß überschritten und ist keine schützende und positive Kraft mehr. Sie verwandelt sich ins Gegenteil. In der Übersicht auf dieser Seite findest du Beispiele für eine schützende, positive Angst und Ängste, die Kinder lähmen oder einschränken.
Gegenüberstellung von gesunden und ungesunden Ängsten:
Gesunde Angst |
Ungesunde Angst |
Anna ist gerade in der Eingewöhnungsphase in der Kita. Seit drei Tagen bleibt Anna für kurze Zeiten ohne ihre Mutter im Gruppenraum. Die Mutter verabschiedet sich immer herzlich von Anna und geht dann in das Elternzimmer. Anna weint immer, wenn die Mutter den Raum verlässt. Sie lässt sich schnell von der Erzieherin Jasmin beruhigen. Sie hält ihr Kuscheltuch fest an sich geklammert und liebt es, mit Jasmin Bilderbücher zu betrachten, bis ihre Mutter wiederkommt. Dann lässt Anna ihre Mutter nicht mehr aus den Augen. Sie hält sich immer ganz nah bei ihr auf. Annas Mutter berichtet, dass ihre Tochter zuhause auch immer genau darauf achtet, wo die Mutter ist und sofort hinterherläuft, wenn sie den Raum verlässt. Anna hat Angst, dass die Mutter wieder geht. Die Angst hat Anna nicht gelähmt, sondern vorsichtiger gemacht, und Anna erfährt, dass sie aktiv etwas gegen ihre Angst machen kann (ihr Kuscheltuch als Trostspender, das Bilderbuchbetrachten mit Jasmin, die Mutter begleiten). Sie kann Angst überwinden und muss ihr nicht ausgeliefert bleiben – eine stärkende Erfahrung für ihr Leben. |
Luisa wollte im Kaufhaus gemeinsam mit ihrer Mutter die Rolltreppe hochfahren. Als die Mutter auf die Treppe steigt, bleibt Luisa stehen. Die Mutter kann nicht umdrehen und fährt die Treppe hoch und sofort wieder herunter. Luisa steht während dieser Zeit weinend an der Rolltreppe. Nach kurzer Zeit waren beide wieder vereint. Jetzt hat Luisa große Angst, ihre Mutter nochmals zu verlieren. Insbesondere Rolltreppen meidet das Kind, so dass die Familie immer mit dem Aufzug fahren muss. Auf Spielplätze traut sie sich nur noch, wenn ihre Mutter immer direkt neben ihr steht oder sitzt. Wenn die Familie gemeinsam einkaufen oder insbesondere in ein Kaufhaus gehen möchte, bekommt Luisa plötzlich Bauchschmerzen, so dass sie zuhause bei der Oma bleibt, während die Familie einkaufen geht. Diese Phase hält schon seit 2 Monaten an. Obwohl Luisa im Kaufhaus nur kurz alleine war, wird sie von ihrer Angst geschwächt und in ihren Möglichkeiten eingeschränkt. |
In einem gesunden Maß gehört die Angst zum Leben und ist ein wichtiges Gefühl. Akzeptiere, dass manche Kinder mehr Angst haben als andere und dass sie ein wesentlicher Teil ihrer Persönlichkeit ist. Daher solltest du immer empathisch handeln. Auch, wenn eine Situation in deinen Augen nicht angsteinflößend ist. Für das Kind ist sie das schon und nur das zählt.
Verzichte auf die Aussage: „Du musst keine Angst haben.“ Das Kind hat in der Situation Angst und braucht deine Unterstützung. Durch diese (gut gemeinte) Aussage erlebt das Kind: „Meine Emotionen sind falsch“.
Tröste Kinder in angsteinflößenden Situationen. Durch deine wertschätzende und verständnisvolle Haltung fühlen sich die Kinder ernst genommen. Diese Sicherheit brauchen die Kinder, um sich mit ihrer Angst auseinandersetzen zu können. Das erreichst du nicht, indem du Kinder mit ihren Ängsten allein lässt.
WICHTIG
Kindern Trost zu verweigern, weil es in deinen Augen „nicht so schlimm” ist oder „das Kind lernen soll, allein damit zurecht zu kommen“ ist eine eindeutige Grenzüberschreitung und seelische Gewalt gegenüber Kindern.
Typische Kinderängste und was Kinder von dir als Fachkraft brauchen
Es gibt einige Ängste, die auf ganz normalen Entwicklungsschritten von Kindern beruhen. Ich habe dir in dieser Übersicht solche typischen Ängste zusammengestellt. Zudem erfährst du, was die Kinder in der Situation von dir als Fachkraft benötigen.
Übersicht: Diese Ängste gehören zu einer gesunden Entwicklung dazu
Alter oder Entwicklungsphase des Kindes |
Ängste |
So zeigt sich die Angst |
Das brauchen Kinder |
Immer vorhanden |
Urängste |
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Säuglingsalter |
Kontakt-Verlust-Angst |
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ab ca. 8 Monaten |
Fremdeln |
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wenn ein Kleinkind laufen lernt |
Trennungsangst |
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zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr |
Vernichtungsangst |
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2 – 6 Jahre |
„magische“ Ängste |
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Viele Ängste haben einen entwicklungspsychologischen Hintergrund und verschwinden nach einiger Zeit von selbst wieder. Dennoch solltest du die Ängste der Kinder unbedingt ernst nehmen und behutsam darauf eingehen. Denn Ängste haben auch immer eine Schutzfunktion. Zudem ist es wichtig, den Kindern durch die bekannten Strukturen und deine Empathie Sicherheit zu geben. Ebenso brauchen sie viel Nähe und Geduld. Dann wird diese Phase schnell vorübergehen.
Gleichfalls ist es wichtig, dass du empathisch auf die Ängste der Kinder reagierst. Im nächsten Blogartikel findest du 5 Tipps, wie du mit Kinderängsten umgehst.