Blogbeitrag

Kinderängste verstehen und begleiten: 5 praktische Tipps zur Stärkung der emotionalen Entwicklung von Kindern

Von der empathischen Kommunikation über kreative Aktivitäten bis hin zu kooperativen Ansätzen – wir werden in die Welt der Kindheitsängste eintauchen und Wege aufzeigen, wie du Kinder begleitest, konstruktiv mit ihren Ängsten umzugehen – und so mehr Selbstvertrauen zu entwickeln und an den Ängsten zu wachsen. 

WICHTIG


Im vorherigen Blogbeitrag sind wir in die spannende Welt der Kinderängste eingetaucht. Dort findest du die entwicklungspsychologischen Hintergründe zu unterschiedlichen Kinderängsten und wie du die Kinder in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen begleitest. Du kannst den Beitrag hier nachlesen. 

So reagierst du entwicklungsanregend auf Kinderängste

Nimm die Angst des Kleinkindes als solche wahr. Bagatellisiere die Angst des Kindes nicht, z.B. durch Aussagen wie: „Du musst doch keine Angst haben.“ Vergleiche ein Kind, das ängstlich ist, auch nicht mit anderen Kindern, z.B. durch Aussagen wie: „Schau, Jana hat keine Angst vor dem Hund.“

Gib dem Kind Geborgenheit, wenn es Angst hat und Geborgenheit braucht. Drücke es an deinen Körper und tröste es. Schaffe ein Ritual, das dem Kind Sicherheit gibt, z.B. das Singen eines bestimmten Beruhigungslieds.


  1. Tipp: Argumentiere nicht rational, sondern reagiere empathisch

„Du brauchst doch keine Angst zu haben!“, „Der Hund tut nichts!“ oder „Es gibt keine Gespenster!“ Diese richtigen und vernünftigen Sätze sind zwar gut gemeint, bewirken aber genau das Gegenteil. Denn das Kind fühlt seine Angst und braucht deine Unterstützung und deine Empathie. Solche Sätze helfen dem Kind nicht im Geringsten, seine Angst zu bewältigen. 

Nimm dir einen kurzen Moment Zeit und erinnere dich daran, wann du selbst solche Sätze gehört hast. Zum Beispiel vor einem Vorstellungsgespräch oder als du einen Vortrag auf dem Elternabend halten solltest? Warst du dadurch weniger aufgeregt und ängstlich? Sicherlich nicht. Was du aber vielleicht gefühlt hast: „Die Person nimmt mich nicht ernst. Sie versteht mich nicht.” Vielleicht hast du auch das Gefühl gehabt, dass das, was du fühlst, nicht richtig ist, oder hast dich gar minderwertig oder klein gefühlt, weil dir die Situation Angst gemacht hat, obwohl die andere Person meint, dass das nicht angsteinflößend ist. 

Dann hast du es direkt erlebt: Diese gut gemeinten Ratschläge nehmen die Angst nicht, sondern bewirken eher das Gegenteil. Genau so geht es auch den Kindern. Gib keinesfalls Kindern, die ihre Angst verbal oder auch nonverbal äußern, solche rationalen Antworten

Frage besser nach: „Was macht dir denn genau Angst?“ oder: „Erzähle mir von deiner Angst!“,  „Wo fühlst du die Angst?“ Damit zeigst du dem Kind, dass sein Gefühl normal und überwindbar ist. Alleine das Gespräch über die Angst und deine Empathie helfen den Kindern dabei, diese zu verarbeiten. 


  1. Tipp: Werde nicht zur Drama-Queen, sondern drücke deine Wertschätzung aus

Achte unbedingt darauf, deine eigenen Ängste nicht auf das Kind zu übertragen, z.B. deine Angst vor Hunden oder vor bestimmten Situationen, wenn das Kind klettert. Es besteht die Gefahr, dass das Kind die gleichen Ängste entwickelt. Auch wenn du innerliche Ängste hast: Versuche, deine Zuversicht auszudrücken, dass das Kind die Situation gut meistern wird. Bleibe möglichst ruhig und gelassen. Nimm dir das immer wieder bewusst vor. Denn Kinder orientieren sich stark an deiner nonverbalen Kommunikation und den Signalen

Manche Menschen machen selbst ein großes Drama, wenn sie denken, dass Kinder Ängste hatten. Beispielsweise durch Aussagen wie: „Oh nein, du Arme, du musst sehr viel Angst gehabt haben!“

Solche Aussagen können mitfühlend gemeint sein. Sie nehmen dem Kind allerdings nicht die Angst, sondern verstärken sie eher. Denn solche Sätze suggerieren dem Kind, dass es tatsächlich einen wichtigen Grund gab, sich zu fürchten. Schätze stattdessen den Mut der Kinder wert. Drücke deine Achtung dafür aus, was das Kind sich zugetraut hat. Drücke deinen Stolz aus.

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Wenn Kinder sich in ihre Angst hineinsteigern, dann nimm sie möglichst ruhig aus der Situation. Gehe mit dem Kind eine andere Ecke im Gruppenraum oder verlasse den Raum, so dass das Kind die angsteinflößende Situation nicht mehr sieht. Tröste das Kind. Sobald das Kind sich beruhigt hat, könnt ihr gemeinsam besprechen, was es so ängstlich gemacht oder aufgeregt hat.

  1. Tipp: Ängste nicht ignorieren, sondern aktiv gegen die Angst werden 

Zeige den Kindern immer wieder, dass sie aktiv etwas gegen ihre Ängste unterehmen können. So lernen die Kinder, dass niemand seiner Angst hilflos ausgeliefert ist. Sie lernen, aktiv etwas dagegen zu tun. Dies ist eine wichtige Säule der Resilienz. Allerdings lernen Kinder diese Fähigkeiten erst noch und dabei brauchen sie deine Unterstützung. 

Werdet gemeinsam kreativ: Frage das Kind z. B., warum ihm das Monster so große Angst einflößt. „Weil es so scharfe Zähne hat“, antwortet das Kind. Überlegt gemeinsam, was ihr gegen die scharfen Zähne des Monsters machen könnt. Die Ideen können ruhig kreativ und lustig sein. Der Humor nimmt den Kindern die Angst. Du kannst das Kind auch bitten, das Monstern mit seinen scharfen Zähnen zu malen. Besprich dabei mit dem Kind, wie es mit dem Monster umgehen kann. Manchmal kann es auch helfen, das Bild des Monsters zu verbrennen, in eine abschließbare Box zu sperren oder ganz tief im Garten zu vergraben. 


  1. Tipp: Schenke Sicherheit und sorge für neue Herausforderungen 

Ängste sind eine wichtige Emotion, die genau solch eine Beachtung verdient wie positive Emotionen. So können Kinder einen gesunden Umgang mit der Angst erwerben. Hierzu gehört es, dass du die Ängste wahr- und ernst nimmst, anstatt sie zu ignorieren, oder durch den Spruch „Du musst keine Angst haben” abzutun. Besser ist es, dem Kind seine Emotionen zu spiegeln und zu sagen: „Du hast Angst vor…?“ Keine Sorge, das verstärkt die Angst nicht, sondern hilft dem Kind dabei, seine Emotionen besser zu verstehen. 

Biete den Kindern unbedingt die notwendige Sicherheit, z.B. durch körperliche Nähe, und sorge ebenso für neue Herausforderungen. Wenn ein Kind panisch auf eine neue Situation reagiert, ist es wichtig, diese schrittweise zu entdecken und zu erleben. Beispielsweise, indem ihr gemeinsam etwas gegen die Angst unternehmt. Achte darauf, das Kind zu ermutigen, aber zwinge es nicht und bestrafe es nicht für seine Ängste

Biete jedem Kind neue Herausforderungen und Anreize. Zwinge und überfordere das Kind aber nicht. Denn immer wenn Kinder erleben, dass sie ihre Ängste bewältigt haben, wachsen sie an der Herausforderung. Dies ist ein wichtiger Schritt für ein gesundes Selbstvertrauen und eine gute Basis für weniger Ängste. Durch eine gute Balance zwischen Sicherheit, Verständnis und neuen Herausforderungen lernen die Kinder, mit ihren Ängsten umzugehen, und wachsen zugleich an den neuen Herausforderungen.


  1. Tipp: Beachte, dass es keine angstfreie Umgebung gibt 

Auch, wenn es sich manche Eltern wünschen würden oder bemüht sind, alle Ängste von ihren Kindern fernzuhalten: Erstens gibt es keine angstfreie Umgebung und zweitens lernen Kinder nur, mit ihren Ängsten gut umzugehen, wenn sie diese erleben. 

Ängste gehören zu einer natürlichen und gesunden Entwicklung dazu. Sie bieten den Kindern wichtige Entwicklungsanregungen. Das bedeutet aber nicht, dass du Kinder bewusst angstauslösenden Situationen aussetzen solltest - nach dem Motto: „Da muss es nun durch.“ Damit machst du mehr kaputt als gut. Die natürlichen Herausforderungen, die Kinder im laufe ihres Lebens erleben, bieten ihnen ausreichend Potential, um daran zu wachsen. 

Traue stattdessen den Kindern etwas zu. Beispielsweise auf ein hohes Klettergerüst zu klettern. Beobachte das Kind genau, anstatt zu rufen: „Pass auf!“ Das raubt dem Kind die Konzentration auf die Tätigkeit. In der Regel stoppen die Kinder oder drehen um, wenn sie sich unsicher fühlen. Gib Kindern, die ängstlich sind, die Gelegenheit, behutsam in neue Situationen hineinzuwachsen. Entdeckt Unbekanntes gemeinsam, z.B. einen neuen Raum in der Kita, eine Person, die zu Besuch ist, eine neue Situation. Spiele mit dem Kind angstauslösende Situationen durch, z.B. einen Arztbesuch, die Einschulung oder einen Ausflug.

Mit jeder neuen Herausforderung, die ein Kind so gemeistert hat, wächst sein Selbstvertrauen und mögliche Ängste werden geschwächt.

Kooperiere mit den Eltern

Wenn ein Kind übermäßige, nicht entwicklungsgemäße oder über einen lang anhaltenden Zeitraum Ängste zeigt, dann suche das Gespräch mit den Eltern. Auch wenn ein Kind sich anders verhält als gewöhnlich, sich versteckt, stark zittert, aggressiv reagiert oder emotional explodiert, Schlafprobleme, ungewöhnliche Trennungsängste, Ängste vor dem Alleinesein oder Weinkrämpfe hat, suche das Gespräch mit den Eltern. Versuche herauszufinden, was hinter den Ängsten stecken kann.

Tausche dich mit den Eltern über die Ängste aus, die du bei dem Kind beobachtet hast und frage sie nach ihren Wahrnehmungen. Frage die Eltern nach möglichen Hintergründen oder Ursachen. Sprich mit den Eltern darüber, dass Ängste zu einer normalen Entwicklung dazu gehören. Überlegt gemeinsam, wie die Eltern und du das Kind unterstützen können. Meist legen sich die Ängste dann nach ein paar Wochen oder wenigen Monaten. Ist das nicht der Fall oder handelt es sich nicht um entwicklungsbedingte Kinderängste, sollten sich die Eltern unbedingt Rat bei ihrem Kinderarzt oder einer Erziehungsberatungsstelle holen.

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Mit jedem riesengroßen Entwicklungsschritt, den ein Kleinkind macht, und mit jedem Übergang treten automatisch Ängste auf. Akzeptiere Kinderängste als einen natürlichen Entwicklungsschritt und als eine wichtige Phase. Wie bei jedem anderen Entwicklungsschritt brauchen Kinder eine liebevolle Unterstützung

Im nächsten Blogartikel stellen wir dir zwei praktische Methoden vor, wie du Kindern durch ein Anti-Monster-Spray und Mutsteine eine Brücke zum gesunden Umgang mit Ängsten baust. Hier geht es zum Blogartikel.



Schlagworte

Ängste verstehen und bewältigen, emotionale Entwicklung, Kinder, Kinderängste, Tipps


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