Blogbeitrag

Vorurteilsbewusste Bildung in der Kita

Entdecke, welche Familienformen du in der Kita präsentierst oder vergisst

Vorurteilsbewusste Bildung in der Kita ist ein wichtiges und bedeutendes Thema. Mit dem heutigen Blogartikel möchte ich zunächst mit einer persönlichen Geschichte in dieses wichtige Thema eintauchen. Es geht darum, wie Kinder „Familie“ wahrnehmen. Denn diese Wahrnehmung wird auch dadurch beeinflusst, welche Familienformen du in der Kita durch die Materialwahl, Dekoration und Ausstattung präsentierst. Zum Schluss lade ich dich ein, mit deinen Kollegen zu reflektieren welches Familienbild ihr in der Kita (unbewusst) vermittelt.

 

So wurde meinem Sohn bewusst, welche Facetten „Familie“ hat

Mein Sohn und ich waren schon immer eine „Einelternfamilie“. In unserem kleinen familiären Konstrukt geht es uns sehr, sehr gut. Mein Sohn hatte lange die Vorstellung von „Familie“, dass dazu eine Mutter und ein oder mehrere Kinder gehören. Denn wenn er bei Freunden zu Besuch war, erlebte er auch immer diese Konstellation. Schließlich waren in der Regel die Väter außer Haus arbeiten und am Nachmittag nicht sichtbar.

Aus der Forschung wissen wir, dass alles, was nicht sichtbar ist, auch nicht existiert. So wusste mein Sohn zwar, dass es Väter gibt, aber in seinem Leben waren sie irgendwie unsichtbar – also nicht wirklich existent. Für ihn war das „normal“ und er erlebte auch keinen Unterschied zwischen unserer Familie und anderen Familien. Bis er eines Tages seinen Freund Luis besuchte. Abends, als ich ihn abholte erzählte er mir ganz euphorisch: „Mama, die haben sogar einen Papa und der ist auch noch da“.

Der Hintergrund dieser bewegenden Erkenntnis war, dass der Vater von Luis im Homeoffice tätig ist und somit am Nachmittag präsent war. Die Mutter arbeitete in einer Praxis in der Innenstadt. So erlebte mein Sohn zum ersten Mal in seinem Leben bewusst, dass Väter tagsüber präsent sind. Für ihn war dieses eine ganz besondere Situation, die von seiner damaligen Lebenswelt abwich.

 

Warum erzähle ich dir diese Geschichte? Für mich macht es so einprägsam deutlich, wie Kinder eine Vorstellung davon entwickeln, was „normal“ ist. Ein anderes Kind hat sicherlich die Vorstellung, dass es „normal“ ist, dass eine Familie aus einem Vater, einer Mutter und Kind(er) besteht. Für andere Kinder bedeutet Familie, zwei Familien zu haben.

So hat der Sohn eines Freundes seine große Patchwork-Familie einmal so definiert. Ich habe zwei Väter, eine Mutter, zwei Schwestern und zwei Brüder. Der Hintergrund, ist, dass die Eltern des Jungen sich getrennt hatten. Die Mutter hat wieder geheiratet und aus drei unterschiedlichen Beziehungen 4 Kinder. Der neue Mann hatte ebenfalls einen Sohn aus einer früheren Beziehung. Kurz gesagt kamen viele Personen aus unterschiedlichen Lebenssituationen zusammen, die alle zur Familie gehörten. Ob verwandt oder nicht. Sicherlich gibt es noch viele, viele Varianten, was „Familien“ für ein Kind bedeuten kann. Kommen wir nun aber zur Herausforderung.

Wie viele unterschiedliche Formen von Familie gibt es in deiner Kita-Gruppe?

Ich lade dich an dieser Stelle ein, zu reflektieren wie viele unterschiedliche Formen von „Familie“ es bei dir in der Kita-Gruppe gibt:

Die Reflexionshilfe in diesem Bild unterstützt dich. Sie erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, denn es gibt unterschiedlichste Familienformen. Manchmal gehört auch ein Haustier mit zur Familie. Tausche dich einmal bewusst mit deinen Kollegen darüber aus, wie viele unterschiedliche Familienformen es in deiner Gruppe gibt. Vielleicht entdeckt ihr noch weitere Familienformen, die nicht in der Grafik aufgeführt sind.

Schreibt die unterschiedlichen Formen einfach mal auf. Im nächsten Abschnitt erkläre ich dir den nächsten Schritt.

 

Wie viele Varianten von Familie erleben die Kinder bei dir in der Kita?

Du hast festgestellt, es gibt viele Varianten von Familie. Die Frage ist, welche Varianten von Familie erlebt das Kind bei dir in der Kita. Nicht durch die Kinder, die bei dir präsent sind, sondern durch euer Material und eure Dekoration.

Ich lade dich an dieser Stelle einmal ein, die Bilder in deiner Kita, die Wandgestaltung und die Bilderbücher kritisch zu reflektieren. Achte einmal bewusst darauf, welche Familienformen ihr durch die Materialausstattung den Kindern präsentiert. Vermittelt ihr ein einseitiges Bild von „Familie“ oder ein realistisches, sehr „heterogenes Bild“. Achtet ihr darauf, jegliche Formen von Familien gleichwertig zu präsentieren oder suggeriert ihr unbewusst, dass Familie „Vater, Mutter und Kind(er)“ sind?

In unserem nächsten Sonderwebinar "Inklusion statt Ausgrenzung" am 11. Mai werden wir tief in dieses Thema eintauchen. Du wirst nicht nur erfahren, warum es so wichtig ist, den Kindern ein heterogenes Bild von der Gesellschaft zu vermitteln, sondern wir werden auch verschiedene Bereiche deiner Kita kritisch unter die Lupe nehmen. Hierzu gehört das Bild von Familie, die unterschiedlichen Kulturen und wie sehr sich diese in der Materialausstattung in deiner Kita widerspiegeln. In Kleingruppenarbeit kannst du möglicherweise eure blinden Flecken entdecken. Damit dein Gruppenraum so heterogen wird, wie es auch die Kinder sind.

Denn schnell passiert es, dass wir durch das zur Verfügung stehenden Material, die „klassische“ westeuropäische Familie aus Vater, Mutter und Kind(er) präsentieren. Andere Familienformen und Kulturen gehen unter. Für Kinder existieren sie somit nicht. Sie bleiben fremd und die Kinder haben keine Möglichkeit, ihr Erlebtes nachzuspielen und zu verarbeiten, weil es das Material ganz einfach nicht gibt.

SONDERWEBINAR Inklusion statt Ausgrenzung


So schaffst du eine interkulturelle und interaktive Lernumgebung

Wie vermittelst du Kita-Kindern kulturelle Vielfalt?

Wir können Kindern viel über Kulturen und Gewohnheiten erzählen, aber wichtig ist, was Kinder erleben. Noch ist es so, dass die meisten Kitas unbewusst die klassische westeuropäische Gesellschaft widerspiegeln: In Bilderbüchern werden Familien als Kleinfamilie mit Vater, Mutter, Kind dargestellt. Aber Hand aufs Herz: Sind unsere Gesellschaft und die Lebenswelt deiner Kita-Kinder nicht so viel heterogener? In unserem LIVE Webinar am 11. Mai 2021 um 18:00 erarbeiten wir, wie du mit einfachen Mitteln kulturelle Vielfalt in deiner Kita erlebbar machst und damit die Identitätsentwicklung der Kinder förderst.


Schlagworte

Familiensprache, Inklusion, interkulturell, Kita, Kita-Alltag, Kita-Eltern, Pädagogik, toleranz


Das könnte dich auch interessieren:

März 24, 2024

In der Welt der Kindertagesstätten (Kitas) spielt pädagogische Professionalität eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer hochwertigen Lernumgebung und damit hohen Qualität der pädagogischen Arbeit eine entscheidende Rolle. Erfahre in ... jetzt nachlesen

März 24, 2024

In der Welt der Kindertagesstätten (Kitas) spielt pädagogische Professionalität eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer hochwertigen Lernumgebung und damit hohen Qualität der pädagogischen Arbeit eine entscheidende Rolle. Erfahre in ... jetzt nachlesen

März 9, 2024

Du kennst das sicherlich – Elternabende in der Kita werden manchmal ziemlich schlecht besucht. Das muss nicht so sein! In diesem Blogartikel erfährst du, wie du diese Abende zu einem ... jetzt nachlesen