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3 Mythen rund um das Thema „Scham“, die sich hartnäckig halten

3 Mythen rund um das Thema „Scham“, die sich hartnäckig halten

Rund um das Thema Scham existieren immer noch viel Mythen, die sich hartnäckig halten. Allen voran, dass Kleinkinder noch kein Schamgefühl haben. Aber auch die Meinung, dass Scham in einer Einrichtung nicht existiert, zählt zu den Mythen. Heute lade ich lade ein, mit mir die Mythen rund um das Thema „Scham“ zu entdecken und zu erfahren, was wirklich dahinter steckt. Erfahre außerdem, wie du das Selbstwertgefühl und die Resilienz der Kinder mit und auch durch Scham stärkst.

1. Mythos: Kleinkinder kennen noch keine Scham

Kennst du die Aussage, dass junge Kinder noch kein Schamgefühl haben? Ich kann dir heute sagen, dass das ein Mythos ist.

Auch Kinder unter drei Jahren können Scham empfinden. Sie verstecken vielleicht ihr Gesicht, weil sie nicht gesehen werden wollen. Sie halten zum Beispiel ihre Hände vor die Augen, weil sie sich schämen. Das Argument „Kleinkinder kennen noch keine Scham“ wird auch häufig genutzt, um unser ErzieherInnen-Verhalten zu rechtfertigen.

Kinder sind auf erwachsene Bezugspersonen angewiesen! Sie entwickeln bereits nach der Geburt auf einer vorbewussten Ebene Vorläufer der Emotion Scham. Während der Fremdelphase zeigen Kleinkinder dann deutlich, dass sie einen Unterschied von „fremd“ und „vertraut“ wahrnehmen und sich unwohl fühlen können. Das tatsächliche Schamgefühl entwickelt sich erst ab dem zweiten Lebensjahr der Kinder – parallel zum Selbstbild und der Ich-Entwicklung. Beides ist eng miteinander verbunden, denn Kleinkinder können sich erst bewusst schämen, wenn sie sich als eigenständiges und autonomes Wesen begreifen.

2. Mythos: Bei uns in der Kita gibt es keine Beschämung oder bei uns muss sich keiner Schämen

Vielleicht denkst du nun, "aber wir beschämen die Kinder doch nicht?" Beschämungen haben allerdings viele Facetten. Während das Gefühl der „Scham“ und sich „schämen“ von innen kommt, kommen Beschämungen von außen.

Wir alle kennen peinliche Situationen, in denen wir uns ertappt fühlen, in denen wir rot werden oder unser Herz kräftig pocht, weil uns etwas unangenehm ist. Wir würden am liebsten vor Scham im Boden versinken - und das ist auch gut so. Sie zeigen uns unsere Werte und auch unsere Grenzen auf. Daher ist es gut, wenn Kinder eine gute Scham erleben, denn das Vermeiden von guter Scham ist falsch.

Beschämungen von außen werden nicht nur direkt durch Worte geäußert, sondern auch durch unser (unreflektiertes) Handeln. Sie bewirken aber immer eine Kränkung der Kinder von außen. Beispielsweise, indem wir Kinder bloßstellen, verspotten oder verhöhnen, weil sie etwas gemacht oder auch nicht gemacht haben. Indem wir zulassen, dass ein Kind vor versammelter Mannschaft ausgelacht, beleidigt oder zum Gespött gemacht wird. Auch wenn wir es zulassen, dass ein Kind sich lächerlich macht oder gemacht wird. Oder indem Kinder anderweitig entwürdigt werden, z.B. durch Strafen oder Konsequenzen.

ACHTUNG


Es gibt auch die Entwürdigung durch das nicht achten der natürlichen Grenzen von Kindern, z.B. ein trauriges oder wütendes Kind zu foto- oder videografieren. Dadurch wird eine Emotion oder grenzüberschreitendes Verhalten, wie in diesem Beitrag beschrieben, banalisiert.

Aber auch ein Kind vor die Tür zu schicken, es an einem Tisch über sein Verhalten "nachdenken muss“, oder die Nichtbeachtung eines Kindes, als Konsequenz auf unerwünschtes Verhalten, all das führt zur Beschämung. Aber auch durch Ironie, Zynismus und beschämende Worte wie: „Hör auf, mich zu nerven!“ „Hast du’s schon wieder nicht hinbekommen?“ „Das ist doch nicht so schlimm! Stell dich nicht so an“.

Scham wird auch bewusst oder unbewusst als Erziehungshelfer eingesetzt. Ganz einfach dadurch, weil wir uns noch nie damit beschäftigt haben, wie Scham im Gehirn und auf das Selbstwertgefühl wirkt.

Du siehst, die Liste ist extrem lang. Vielleicht kam dir auch die eine oder andere Aussage / Haltung bekannt vor. Deutlich wird auf jeden Fall, Beschämung hat viele Gesichter! Egal ob subtil, unbewusst eingesetzt oder ganz offensichtlich – solche Beschämungen verfehlen nie ihre schädliche Wirkung auf Kinder.

Scham an sich ist immer präsent und sollte nicht vermieden werden - Scham sollte jedoch nicht mit Beschämung verwechselt werden!

Falls es in deiner Einrichtung wirklich keinen Scham gibt, dann läuft auch etwas falsch. Deine Aufgabe als Pädagogin ist es, dafür zu sorgen, dass du den Kindern vermeidbare, überflüssige Scham ersparst und, dass sie nicht beschämt werden.

3. Mythos: Über Scham spricht man nicht

Du als erwachsene Bezugsperson trägst die Verantwortung dafür, dass Kinder eine positive Scham entwickeln. Falls du nicht weißt, was eine positive Scham ist, im letzten Blogartikel habe ich dir die Unterschiede gegenübergestellt. Schau gerne nochmals hier nach.

Das Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen von Kindern entwickelt sich im Dialog mit anderen Menschen. So auch im Dialog über die Emotion Scham, Beschämungen und solchen Situationen. Du verstärkst das Gefühl nicht, du löst es hierdurch aber auch nicht aus. Denn das Gefühl ist sowieso da! Dadurch, dass du über die Emotion „Scham“ mit den Kindern sprichst, unterstützt du sie dabei, ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen zu entwickeln. Denn jede Emotion – wie auch Scham – hat ihre Berechtigung. Daher erzähle ich dir am Ende dieses Blogartikels, wofür ich mich schäme.

5 wichtige Punkte im Umgang mit Scham

- Sei dir darüber bewusst, dass jeder Mensch Scham empfindet

- Verleugne oder ignoriere Scham und Beschämungen nicht

- Spiele das Gefühl der Scham nicht herunter

- Wähle einen achtsamen Umgang mit Schamgefühlen und sei vor allem geduldig

- Scham ist eine Emotion über die wir offen sprechen sollten

WICHTIG


Scham ist ein wichtiges Gefühl: Es hilft dabei die Würde des Kindes zu schützen, aber kann die Würde eines Kindes auch verletzen!

Achte darauf, dass du erlittene Scham nicht unbewusst weiter gibst 

Wir alle haben im Kindesalter Beschämungen erlitten, vielleicht durch Sprüche, die auf Scham abzielen. Manche von uns mehr, andere weniger.

Vielleicht dadurch, dass unsere Gefühle und Grundbedürfnisse nach Anerkennung, Schutz, Zugehörigkeit oder Integrität nicht wahrgenommen oder verletzt wurden. Sicherlich kennst du auch den einen oder anderen tiefen Schmerz und das ungute Gefühl, dass damit verbunden ist. Manchmal kommen diese tiefen Schmerzen heute noch in uns hoch, denn sie werden abgespeichert.

Selbst erlittene Scham wird unbewusst weitergeben: Durch Worte oder durch Handlungsmuster, weil wir selbst schmerzhafte und traumatische Scham erlebt haben und sie heute als „normal“ abwerten oder rechtfertigen.

Durch Aussagen wie „Das Leben ist kein Ponyhof!“ und „Die Schule ist auch nicht besser!“  oder andere „Ok-Aussagen“ vermeiden wir es selbst, uns mit der „taburisierten Emotion Scham“ auseinander zu setzen.

Manche Erwachsene haben auch gelernt, sich und ihr Handeln klein zu machen und sich zu verstecken. Aus Angst oder Scham trauen sie sich beispielsweise in Teamsitzungen nicht, ihre Meinung zu sagen. Auch durch solche Handlungen geben wir unsere erlittene Scham unbewusst weiter. Ich persönlich finde es unheimlich wichtig, demgegenüber umso achtsamer zu sein!

Dafür schäme ich mich persönlich 

An dieser Stelle möchte ich auch persönlich werden. Ich verrate dir eine Schache, wofür ich mich schäme: Wenn ich vor anderen Menschen, im schlimmsten Fall noch laut, singen muss!

Ich treffe wirklich keinen Ton. Das ist eine Tatsache und das weiß ich auch, deshalb meide ich es oder verstecke mich gerne hinter dem lauten Gesang anderer Menschen, indem ich leise mitsinge.

Ok, alleine im Auto und zuhause singe ich dann auch aus voller Kehle meine Lieblingslieder laut mit. Aber vor anderen Menschen – Oh, NEIN! Da schäme ich mich wirklich. Ich fühle mich schlecht, was natürlich meine Gesangsqualität nicht unbedingt verbessert.

Meistens nehmen wir allerdings viel zu selten bei anderen und auch bei uns selbst wahr, wie gut und wichtig es ist, dass wir eben ein Schamgefühl haben. Denn dieses zeigt uns auch unser Grenzen auf, schützt uns davor, unsere Grenzen zu übertreten und die Grenzen anderer Menschen zu wahren. Nur ein Mensch der schamhaft ist, hat ein Bezug zu sich selbst, seinen Gefühlen und Bedürfnissen. Scham erfüllt eine lebenswichtige Funktion!

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Schlagworte

Kita, Kita-Alltag, Pädagogik, Resilienz, Scham, Schamgefühl, Selbstwertgefühl


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